Einen großen Schock mussten alle Fans des FC Barcelona verdauen, als der FC Sevilla die Blaugrana in der letzten Woche im eigenen Stadion mit 2:0 geschlagen hatte und somit das Tor zum Halbfinale der Copa del Rey ganz weit aufgestoßen hatte. Da es in der Copa allerdings ein Rückspiel gibt, hatte Barça noch eine Chance, die Leistung aus dem Hinspiel wett zu machen – Und die Katalanen nutzten ihre Chance. Mit 6:1 wurde Sevilla aus dem Camp Nou gefegt, was den Einzug ins Halbfinale für das Team von Ernesto Valverde bedeutete. Wie das Ergebnis vor allem unter taktischen Gesichtspunkten zustande kam, erfahrt ihr in unseren drei Brennpunkten.
Fokus auf die Defensive
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Weiterkommen war, dass man im eigenen Stadion kein Gegentor bekommt. Durch das intensive Pressing, welches Sevilla ab und an (vor allem zu Beginn) einstreute, war es für die Katalanen sehr schwer, mutig rauszurücken und genug Spieler vor den Ball zu bringen um sich durch das gegnerische Mittelfeld zu kombinieren. Die Andalusier begannen mit ihrem Pressing dabei in der Regel bei Barcelonas erster Mittelfeldlinie, womit Lenglet und Co. keine Probleme hatten, den Ball zunächst einmal ins Mittelfeld zu transportieren. Die Mittelfeldspieler platzierten sich dann grundsätzlich relativ weit hinten, um bei einem Ballverlust direkt reagieren zu können und sich zurückzuziehen. Einzig die Außenverteidiger rückten etwas raus, damit Barça das Spiel relativ risikofrei über die Außen aufbauen konnte. Wenn der Ball dann einmal auf den Außen war, wurde der Ball in der Regel direkt in Richtung der Stürmer gespielt, was die Variante darstellte, die wohl das wenigste Risiko birgte, einen Ball zu verlieren und sich eventuell einen Konter einzufangen. Lange Bälle, sowohl hoch als auch flach, waren gestern aber generell ein gern genutztes Mittel der Katalanen.
Offensiver Matchplan Nr. 1: Lange Pässe und Nachrücken
Es gibt natürlich deutlich bessere Voraussetzungen sich offensiv frei entfalten zu können, als sich permanent in der Situation zu befinden, kein Auswärtstor in einem Pokalspiel fangen zu dürfen. Ein probates Mittel um dem beizukommen sind dann lange Bälle, die in die Spitze geschlagen werden. Auch Barça wendete dieses Mittel gestern recht häufig an. Wie bereits erwähnt, wurden diese Bälle oft von den Außenverteidigern genutzt, um das Mittelfeld zu überspielen und den Ball so direkt zu Messi, Coutinho oder Suárez zu bringen. Aber auch wenn der Ball es auf Seiten der Katalanen ins zentrale Mittelfeld geschafft hatte, waren die Abstände zwischen diesem und der offensiven Dreierreihe extrem groß. In diesen Situationen zeigte sich die gesamte Passsicherheit des amtierenden Doublesiegers, welche auch für das Überbrücken größerer Distanzen genutzt werden konnte. So spielten besonders Rakitić und Arthur immer wieder lange, flache Pässe in die Spitze, welche eine enorme Geschwindikeit hatten. Alternativ schaltete sich Messi ins zentrale Mittelfeld ein, während einer der Mittelfeldspieler seinen Platz weiter vorne einnahm. So gesehen zum Beispiel beim 2:0 als sich Messi etwas weiter zurück fallen ließ und Rakitić in die Spitze gestoßen ist um den Treffer zu erzielen. Wenn der Ball dann beim Zielobjekt ankam, dieses sich allerdings noch nicht in Abschlussposition befand, rückten die Stürmer und Mittelfeldspieler direkt nach und zogen praktisch alle Spieler des FC Sevilla hinter den Ball in die eigene Hälfte. Nun konnte Barça die eigene technische Überlegenheit perfekt ausspielen und die letzten Meter mit einigen wunderschönen Kombinationen überbrücken.
Offensiver Matchplan Nr. 2: Zurückziehen und Kontern
Weite Teile der zweiten Halbzeit (spätestens mit dem 3:0) konnte der FC Barcelona die ganze Angelegenheit offensiv etwas abkühlen lassen und Sevilla den Ball länger überlassen. Da Sevilla mit dem 3:0 dringend ein Auswärtstor erzielen musste, waren die Andalusier nun dazu gezwungen, offensiv mehr zu riskieren und auch mit ihren Verteidigern weiter aufzurücken. Auch hierfür waren lange Flachpässe ein perfektes Mittel um Sevillas Absicherung schnell auszuhebeln und das Ergebnis schlussendlich in schwindelerregende Höhen zu treiben. Diese langen Bälle, welche Barcelonas Konterangriffe einleiteten, wurden wiederum von Coutinho, Arthur und Messi eingeleitet. Auch Aleñá stellte mit seinen schnellen Dribblings durch das Mittelfeld mit abschließendem Abspiel später eine Bereicherung für die Konter der Katalanen dar. Passempfänger waren in diesen Fällen meist die jeweils anderen, welche den Ball nicht am Fuß hatten, Luis Suárez oder die Außenverteidiger, welche in den Kontersituationen konstant aufrückten. Grundsätzlich verfolgte Barça auch in der zweiten Halbzeit Matchplan Nr. 1, was vor allem der Tatsache geschuldet war, dass sich Sevilla wohl bei allem Druck keine Konter einfangen wollte. Die zweite Variante wurde aber immer mal wieder eingestreut, indem man Sevilla situativ den Ball überließ und die Konter letztendlich souverän zuende spielte.