Im letzten Gruppenspiel der Champions League ging es für den FC Barcelona zu Hause gegen Paris Saint-Germain um den Gruppensieg. Luis Enrique überraschte mit seiner Aufstellung, wurde aber für seinen Mut am Ende belohnt. In unserer Taktikanalyse gehen wir darauf ein, wie es den Katalanen gelang, die Franzosen diesmal zu überwinden.
Paris Saint-Germain suchte das Weite
Die Gäste waren sich zwar der Tatsache bewusst, dass ihnen für den Gruppensieg auch ein Unentschieden gegen den FC Barcelona reichen würde, aber dennoch war man darauf aus, ein Tor zu erzielen. Die Basis hierfür sollte ein defensiv kompaktes 4-4-2-System sein, wo sich gerade Lucas immer wieder über außen mit nach vorne einschaltete. Zudem ließ Zlatan Ibrahimović sich immer wieder fallen, um Angriffe aus der Tiefe zu initiieren. War dies der Fall, rückten entweder Matuidi oder Verratti mit nach vorne, um die Innenverteidiger zu beschäftigen.
Insgesamt waren die Gäste vor allem dann gefährlich, wenn man das Spiel breitmachte und über die Außen angriff. Der FC Barcelona hatte in der neu formierten Dreierabwehr hierbei oftmals Probleme bei der Abstimmung, was Paris letztlich aber zu wenig ausnutzte. Man erspielte sich das Tor und zwei Großchancen über die Außen, aber ansonsten kam viel zu wenig von den Franzosen nach vorne. Es fehlte hier die letzte Konsequenz, was zusammen mit dem – aus Pariser-Sicht – viel zu frühen Ausgleich einer der Hauptgründe für die Niederlage war.
Defensiv war die Idee simpel: Das physisch sehr starke Mittelfeld sollte das Mittelfeld des FC Barcelona bearbeiten und stören, während hinten das brasilianische Duo Thiago Silva und David Luiz die katalanischen Stürmer im Griff behalten sollte. Gegen die Physis von Paris’ Mittelfeld tat sich Barça schwer, was zu erwarten war, da sich die physische Konstitution der Teams nun einmal nicht ändern lässt. Insgesamt war es für die Franzosen jedoch problematisch diese körperliche Komponente ins Spiel zu bringen, wenn die Katalanen den Ball schnell laufen ließen und das Spiel klug verlagerten. Die Innenverteidiger der Gäste erwischten beide keinen guten Tag. Hohe Bälle wehrten sie zwar souverän ab und auch in den direkten Zweikämpfen wirkten sie zumindest ordentlich, doch was Antizipation anging, zeigten beide einige Schwächen. Vor dem 1-1 war David Luiz nicht auf der Höhe und ließ Messi einfach gewähren, ohne ihn zu stören. Ebenso ungestört konnte Neymar das 2-1 markieren, wobei fünf Pariser nur zuschauten. Gerade Thiago Silva hätte hierbei entschlossen in den Zweikampf gehen müssen, anstatt nur nebenher zu laufen.
Der FC Barcelona mit viel Mut
Luis Enrique überraschte mit seiner Aufstellung und ging ein großes Wagnis ein. Ohne einen Sieg gegen Paris Saint-Germain hätte er sich vermutlich viel Kritik stellen müssen, doch er wurde für seinen Mut belohnt. Barça wollte durch die Dreierkette mehr Spieler im Mittelfeld haben, um so eine höhere Spielkontrolle erzeugen zu können. Vor der Dreierkette agierten Javier Mascherano und Sergio Busquets. Hierbei war Mascherano quasi ein Freigeist vor der Abwehr, der sich situativ zwischen die Innenverteidiger fallen ließ und vor allem alle möglichen Lücken schloss. Dies erfordert eine Menge Spielverständnis und auch eine sehr gute Kondition, was der Argentinier beides mitbringt. Busquets agierte insgesamt etwas höher, ließ sich aber, wenn nötig, auf die Höhe von Mascherano fallen, um diesen zu unterstützen. Andrés Iniesta spielte am höchsten von den drei Mittelfeldspielern und wurde immer von zwei Spielern flankiert. In der Regel waren dies Neymar und Pedro. Ganz vorne waren Lionel Messi und Luis Suárez postiert.
Das Ziel von Luis Enrique war es, durch die beiden Flügelspieler die Pariser Mannschaft auseinanderzuziehen, um so mehr Platz im Zentrum zu generieren, wo Messi, Iniesta und Suárez agierten. Es war also quasi eine Mischung aus dem alten Barcelona mit breitstehenden Außenstürmern sowie Luis Enriques neuem Modell mit zentraleren Stürmern.
Defensiv brachte dieses System natürlich Risiken mit sich, doch es liegt in der Tradition des FC Barcelona Risiken einzugehen und etwas zu wagen. Da Paris am liebsten über Außen agierte, war es für Barcelona extrem wichtig, dass beide Außenstürmer viel mit nach hinten arbeiteten, was diese auch taten. Gerade Pedro unterstützte Marc Bartra unglaublich gut und war zeitweise so etwas, wie ein zweiter Rechtsverteidiger. Man merkte Barças Defensivspielern an, dass sie dieses System noch nicht gewohnt waren, gerade was das Herausrücken angeht. Das sah man beim 0-1 sehr gut, als Mathieu sich nicht sicher war, wann und wie er herausrücken soll. Im Endeffekt war er dann zu weit weg von seinem Gegenspieler und konnte die Hereingabe, die zum Tor führte, nicht verhindern.
Ebenfalls problematisch war die Raumdeckung der Mittelfeldspieler, die sich ebenso wie die Abwehrspieler erst an das neue System gewöhnen mussten. Da dieses System eineinhalb Sechser beinhaltete, war beiden scheinbar nicht immer gänzlich klar, wer für welchen Raum zuständig ist. Auch dies konnte man beim 0-1 sehen, als Busquets etwas außen vor blieb, während Mascherano sich falsch orientierte. Er ging mit nach hinten, hatte Ibrahimović auch anfangs im Blick, ließ ihn dann aber ziehen.
Damit einhergehend ging ein Problem, welches gerade in der ersten Halbzeit sehr auffällig war: Barça gewann zu wenig zweite Bälle. Das Mittelfeld war zu oft nicht gut genug postiert, um die zweiten Bälle zu gewinnen, weshalb diese zu oft an Paris Saint-Germain gingen.
Barças Grundformation gegen Paris. Mascherano agierte als Freigeist vor der Dreierabwehr, während Busquets situativ entweder als Achter oder als Sechser fungierte. Die Außenstürmer, also meistens Neymar und Pedro, zogen das Spiel auseinander, damit Iniesta, Messi und Suárez im Zentrum mehr Platz hatten.
Fazit
Der FC Barcelona war die dominierende Mannschaft und konnte sich gute Chancen erspielen. Gleichzeitig hatte man aber defensiv auch einige Probleme, die zu guten Chancen von Paris führten. Letztlich war die Blaugrana jedoch aktiver und effektiver, wodurch man sich diesen Sieg und den Gruppensieg auch verdient hat.
Dieses System bietet viele interessante Aspekte, die man in Ansätzen schon gegen Paris sehen konnte. Die Probleme, die auch zu sehen waren, sind im Endeffekt vor allem solche gewesen, die sich durch Übung, vor allem in Spielen, aber auch im Training, abstellen lassen. Es müssen sich hier einfach noch Automatismen entwickeln, die es so beim ersten Einsatz dieses Systems noch gar nicht geben kann. Luis Enrique bewies, dass er bereit ist, Risiken einzugehen, um das Team weiterzuentwickeln. Gleichzeitig zeigte er damit auch, dass er ein flexibler Trainer ist, der darum bemüht ist, sein Team facettenreich zu gestalten, um so den Gegner überraschen zu können. Dieses Spiel gegen Paris könnte ein sehr entscheidendes im Projekt von Luis Enriques Barça gewesen sein.