Im ersten Champions-League-Spiel der Saison empfing der FC Barcelona APOEL Nikosia. Luis Enrique nahm insgesamt neun Veränderungen im Vergleich zum letzten Spiel gegen Athletic Bilbao vor, welche dem Spielfluss nicht gut taten und mitverantwortlich dafür waren, dass sich die Katalanen nur zu einem 1-0-Sieg mühen konnten.
APOEL fast nur defensiv
Die Gäste aus Zypern waren sich der Tatsache bewusst, dass sie der klare Außenseiter im Camp Nou waren und wollten daher vor allem defensiv gut stehen. Hierzu agierten sie in einem 4-4-2-System, welches vor allem darauf ausgelegt war, den Raum vor dem eigenen Tor zu verengen, um Barcelona möglichst wenig Platz zu geben. Durch die beiden Viererketten wollte APOEL den Raum im Zentrum verengen, sodass die Gastgeber auf die Außen ausweichen mussten. Dort hatte man aber auch immer ein bis zwei Spieler, die den ballführenden Spieler stören konnten. Die beiden Stürmer der Gäste dienten dazu, Barça im Spielaufbau zu stören und im weiteren Verlauf des Angriffes dann mit nach hinten zu gehen, um den Raum zu verdichten.
Prinzipiell klingt APOELs Ansatz relativ simpel, aber das war er eben auch. Dennoch wurde dieser von der Mannschaft sehr gut umgesetzt, weshalb sich die Hausherren aus Barcelona sehr schwer taten. Wie von APOEL geplant, fand Barça im Zentrum nur sehr wenig Platz vor, weshalb man oft auf die Außen auswich. Aber auch von dort kamen zu selten kreative Ansätze in die Spitze, weshalb teilweise alle drei Stürmer in der Luft hingen. Barcelona griff zwar sehr variabel an, doch das beeinflusste APOELs Ansatz nicht, da dieser nicht mannorientiert war, sondern raumorientiert. Und die Räume waren jederzeit gut abgedeckt, unabhängig ob Barcelona versuchte im Zentrum oder auf den Außen Überzahl herzustellen. Die Katalanen bewegten sich nicht genug, um Räume zu kreieren, was es den Gästen relativ einfach machte, Barcelona einigermaßen im Griff zu halten.
Als große Schwäche von Barcelona galten bisher immer die Standardsituationen, sowohl defensiv als auch offensiv. Das könnte sich diese Saison ändern, da die Katalanen sich auch dahingehend gut verstärkt haben; doch gegen APOEL spielten mit Gerard Piqué und Marc Bartra eigentlich nur zwei kopfballstarke Spieler. Im Prinzip sollte man das als Gegner verteidigen können, schließlich sind die meisten Gegner, was die Körpergröße angeht, überlegen. Dass APOEL Nikosia das Spiel im Camp Nou dann durch ein Tor verliert, welches nach einer Freistoßflanke entstanden ist, ist aus ihrer Sicht natürlich sehr bitter. Will man in Barcelona etwas mitnehmen, dann muss alles stimmen – man darf sich definitiv nicht ein solch einfaches Gegentor fangen. Wer weiß, wie das Spiel weitergelaufen wäre, wenn Piqué nicht das 1-0 erzielt hätte. Eventuell wäre Barcelona irgendwann ungeduldig geworden und hätte Nikosia Chancen ermöglicht, doch diesen Verlauf nahm das Spiel zum Glück nicht.
Offensiv kam von den Gästen kaum etwas, lediglich in der zweiten Halbzeit fanden sie zwei gute Situationen vor, aus denen sie aber zu wenig machten. In der Nachspielzeit kamen sie noch zu einem Schuss von der Strafraumecke, den Marc-André ter Stegen aber eben souverän wie spektakulär abwehren konnte.
Barça mit zu viel Rotation
Luis Enrique tauschte bis auf Munir und Messi alle Spieler aus der Startelf des letzten Ligaspiels aus, was seinem Team spielerisch nicht gerade half. Natürlich ist es verständlich, dass er mal einige Spieler schonen und anderen Spielern etwas Match-Praxis geben will, auch damit sie physisch auf das nötige Level kommen. Im Endeffekt hat man ja auch gewonnen, von daher gibt es wenig Anlass zu meckern. Dennoch merkte man, dass diese neun Änderungen dem Spielfluss nicht gut taten. Es fehlte zu oft die genaue Abstimmung, wodurch auch das Direktspiel, welches man gegen so einen defensiven Gegner braucht, nicht allzu gut funktionierte.
Man sah dem Spiel der Katalanen an, dass sie taktische Pläne hatten, was man tun könnte, um die Abwehr von APOEL zu knacken, jedoch haperte es an der Umsetzung. Luis Enrique stellte sein Team sehr variabel ein. Mal agierte es ganz klassisch im 4-3-3 mit Messi als zentralem Angreifer, der von Munir und Neymar flankiert wurde (teilweise tauschten Messi und Munir auch die Position), und ein anderes Mal waren Neymar, Messi und Munir im Zentrum, während die Außenverteidiger dem Spiel die Breite gaben. In diesem Fall positionierte sich der jeweilige Mittelfeldspieler zum ballnahen Außenverteidiger, um diesem eine weitere Anspielstation bieten zu können und um ihn abzusichern. Somit hatte der Außenverteidiger immer die Möglichkeit, einen der Stürmer wie auch einen Mittelfeldspieler anzuspielen. Es gab also eigentlich viele Optionen, die zu viel Bewegung in der Defensive der Gäste hätten führen sollen. Das Problem hierbei war aber die fehlende Bewegung aufseiten der Katalanen. Da diese fehlte, fiel es APOEL nicht allzu schwer, die Räume trotz dieser Masse an Gegenspielern zuzumachen. Schnelle Bewegungen, kombiniert mit schnellen Pässen in die Spitze waren wohl der Plan von Luis Enrique, umgesetzt wurde dieser aber nicht gut. Es gab zu viele Ungenauigkeiten und auch technische Fehler, gerade auch von Lionel Messi. Er fand einige aussichtsreiche Situationen vor, aus denen er hätte mehr machen können, doch kleinere technische Fehler verhinderten dies. Messi und Neymar fanden beide immer wieder mal etwas Platz im Zentrum vor und hatten auch gute Ideen, nur die Umsetzung funktionierte nicht.
Der Ball ist außen bei Adriano und beide Teams verschieben in Richtung Ball. Barcelona positioniert sich eigentlich gut, bleibt dann aber zu statisch und unbeweglich, um der ebenfalls sehr gut organisierten Deckung der Gäste zu entkommen. Die Grundidee beider Teams war gut, jedoch hat APOEL ihre deutlich besser umgesetzt als dies bei den Mannen von Luis Enrique der Fall war.
Die Rolle von Samper
Sergi Samper gab gegen Nikosia sein Debüt für den FC Barcelona und stand gleich in der Startelf. Der junge Katalane überzeugte mit einem sehr selbstbewussten und souveränen Auftritt. Samper wirkte sehr sicher und legte ein sehr gutes Gespür für das richtige Positionsspiel an den Tag. Man merkt, dass er alle Jugendmannschaften der Katalanen durchlaufen hat, da für ihn auch verschiedene Positionswechsel kein Problem sind. Oftmals rückte einer der beiden Innenverteidiger bei Barça weiter nach vorne, um einem Gegner zu verfolgen. In dieser Zeit vertrat Samper diesen Innenverteidiger und rückte nach hinten. Diese Wechsel waren für ihn selbstverständlich und er führte sie fehlerfrei aus. Ein Alex Song konnte das nach zwei Jahren in Barcelona noch nicht, was zeigt, wie schwierig das Ganze eigentlich ist. Es war auch sehr beachtlich, wie oft sich dieses Szenario abspielte, was ein Indiz dafür ist, dass die Spieler ihm schon sehr vertrauen und wissen, dass sie sich auf ihn verlassen können. Die Saison mit Sechsern wie Sergio Busquets, Javier Mascherano und Sergi Samper in Angriff zu nehmen, ist ein absoluter Luxus für Enrique.