FC Barcelona – FC Viktoria Plzen 19.10.2011

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Kontrastreicher könnte die Diskussion in einschlägigen Internetcommunities und in der Medienwelt nicht verlaufen. Ist er ein Egoist oder Altruist, lautete die zweckdienliche Frage, als es darum ging,

die Mannschaftsdienlichkeit eines Juwels der Fußballwelt, namentlich Lionel Messi‘s, zu würdigen. Gegen Viktoria Plzen legte der Superstar aus Argentinien sein ganzes Talent in die Waagschale, um seine einmal mehr herausragende Leistung zu krönen. Doch

die Glücksgöttin Fortuna hat sich von ihm abgekehrt und verweigerte ihm jenes Glücksmoment, das in der Feier mit den Fans und Kollegen seinen Nährboden findet. Nicht wenige stellten sich nach dem Spiel auf den Standpunkt, dass diese Abkehr des Glücks mit seinen krampfhaften Versuchen verbunden wäre, ein Tor zu erzielen. Er hätte seine Mitspieler auf dem Spielfeld übergangen und nur seinen persönlichen Vorteil gesucht. Ob dem tatsächlich so ist, wird ein Blick zurück auf das Spielgeschehen zum Vorschein bringen.

Spieler des Spiels: Messi

Wie so oft lässt sich die Leistung und das Spiel des Gegners in wenigen Worten zusammenfassen, obgleich es einige gute Ansätze offenbarte. Diese waren jedoch freilich nicht in der 2. Halbzeit zu finden, in der Viktoria überhaupt keine Akzente setzen konnte. In der 1. Halbzeit fanden sich aber zwei bis drei gute Angriffe, die das Potenzial hatten, für einen Hauch an Gefahr zu sorgen. Eine sehr gute Flanke von links in den Strafraum der Katalanen konnten die gegnerischen Angreifer nicht zu einem Torschuss verwerten. Ansonsten war Plzen redlich bemüht, das Spiel durch schnelle Seitenwechsel in die Breite zu ziehen mit dem Ziel, Lücken in die Verteidigung des FC Barcelona zu reißen. Dies gelang ihnen allerdings nur vereinzelt. Zu dominant war der FC Barcelona und zu häufig war er im Ballbesitz, der die Gäste dazu nötigte, mehr Spielkilometer zurückzulegen als ihre Gegner und sie kaum zur Entfaltung kommen ließ. Der FC Barcelona präsentierte sich in gehobener Spiellaune und erspielte sich im Verlauf des Spiels zahlreiche Tormöglichkeiten. Mittelpunkt nahezu aller gefährlichen Situationen war Lionel Messi, der die Zuschauer über die gesamte Spieldauer verzückte. Allem voran die doppelten Doppelpässe in der 1. Halbzeit waren eine Augenweide und rechtfertigten das Eintrittsgeld. Messi’s kongenialer Partner Dani Alves verpasste es jedoch, diesen herrlichen Spielzug mit einem Tor zu belohnen. Besser machte es kurz darauf Iniesta, der im traumhaften Zusammenspiel mit Messi die gesamte gegnerische Verteidigung auseinandernahm und der Welt die Schlagkraft der katalanischen Offensive vor Augen führte. Beide Male hat Messi den Angriff nicht abgeschlossen, sondern lediglich seine Mitspieler bedient, sodass sie sich in exzellenter Position zum Tor wiederfanden. Ein analoges Bild fand sich bei seinem Pass auf Pedro, der bei seinem Torversuch scheiterte. Seinen ersten Torschuss gab Messi nach einem feinen Lupfer von Busquets über die gegnerischen Verteidiger alleinstehend vor dem Tor ab. Aus einem Doppelpass mit Villa folgte die zweite gute Tormöglichkeit für Messi. Es bestand kein Anlass, noch einmal querzupassen, zumal niemand in horizontaler Position zu Messi wartete. In der 2. Halbzeit war er wieder Ausgangspunkt aller Angriffsbemühungen des FC Barcelona. Auf dem rechten Flügel überlief er mit seiner Schnelligkeit, Technik und seinem akrobatischen Geschick drei Gegenspieler mit gewohnter Leichtigkeit und setzte den Ball sodann gegen den rechten Außenpfosten. Einen herangrätschenden Gegenspieler hat er dadurch aussteigen lassen, dass er den Ball über ihn gelupft und ihn umkurvt hat – genial. Auch hier ergab sich in der Mitte wieder keine klare Anspielstation und der Torversuch erscheint aus der Perspektive von Messi als aussichtsreichste und nachvollziehbare Option. Weitere Anhaltspunkte für ein unverhältnismäßig egoistisches Handeln auf dem Platz lassen sich nicht finden. Die These vom egoistischen Messi beruht vielmehr auf subjektiven und sachfremden Erwägungen und ist nicht ernst zu nehmen.

Bisweilen wurden nur diejenigen Situationen aufgegriffen, welche die „These“ als fragwürdig erscheinen lassen. Erwähnenswert ist noch Messi’s Freistoß an den linken Pfosten in der 45. Minute, sein entscheidendes Mitwirken am zweiten Tor durch Villa und der Umstand, dass er zwei Mal regelwidrig im Strafraum angegangen und so um weitere gute Möglichkeiten gebracht wurde. In der 2. Halbzeit hätte er mit Sicherheit einen Elfer bekommen, wenn er sich fallen gelassen hätte. Er blieb jedoch auf den Beinen und versuchte sich durchzusetzen – das verdient Anerkennung. Alles in allem ein klasse Spiel von ihm, das ihn zum besten Spieler auf dem Platz machte.

Aufsteigende Formkurve

Natürlich profitierte Messi auch von einer sehr guten Teamleistung. Man hat den Eindruck, dass der FC Barcelona immer besser in Fahrt kommt. Die Laufwege stimmen, die Pässe kommen zentimetergenau beim Mitspieler an und die Mitspieler suchen einander. Vor einigen Wochen sah dies noch ein wenig anders aus, als das Spiel der Katalanen mit erschreckend wenig Elan aufwartete und mitunter auch durch individuelle Fehlleistungen beeinträchtigt wurde. Die Formkurve der Mannschaft zeigt nach oben. Erfreulich ist auch die Entwicklung von David Villa. Er hat seinen Platz im Gefüge des FC Barcelona gefunden und fängt damit an, das Spiel der Erfolgsmannschaft erheblich zu bereichern. Letzte Saison wirkte er im Spiel zuweilen wie ein Fremdkörper, weil er nicht wusste, wie er seine individuelle Klasse in das System integrieren kann. Heute weiß er ganz genau, wann er seine individuelle Klasse ausspielen und wann er sich zugunsten der Integrität des Systems zurückhalten soll. Darüber hinaus hat er an Spielverständnis dazugewonnen und spielt Pässe in die Nahtstelle der Abwehr wie ein Xavi oder Iniesta. Etwas ernüchternd fällt die Leistung von Pedro aus. Er ist laufstark, verfügt jedoch über eine im Verhältnis zu seinen Mitspielern bescheidene Technik und versucht, dies krampfhaft über seinen zugegebenermaßen überdurchschnittlichen Spielaufwand auszugleichen. Es ist zweifelhaft, ob er sich gegen Sanchez und Villa wird durchsetzen können. Trotzdem ist er ein wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft.

Am wichtigsten ist aber die Beobachtung, dass die Spieler des FC Barcelona weiter hart an sich arbeiten und von Spiel zu Spiel besser werden. Das Spiel wirkt nun viel dynamischer und nicht mehr so statisch. Im Spiel gegen den FC Sevilla gilt es, einen weiteren kleinen Schritt nach vorne zu machen. Lionel Messi ist einer sehr guten Verfassung und wird dem Spiel gewiss seinen Stempel aufdrücken – mit oder ohne Fortuna. Visca el Barça!

 

Raphael L.

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