Es ist immer wieder ein unangenehmes Gefühl, wenn ein großes Finale bevorsteht und der FC Barcelona nicht vertreten ist. So auch dieses Mal. Während Real Madrid und Atlético Madrid den europäischen Fußballthron dieses Jahr unter sich ausmachen werden, verfolgen die Barça-Akteure das Geschehen höchstens auf der Leinwand. Für manche Culés wird diese Partie eine Wahl zwischen Cholera und Pest, während andere einem der beiden Madrider Clubs die Daumen drücken werden.
Derbi Madrileño zeigt die spanische Dominanz in Europa
Jahrelang hat Real Madrid auf den Gewinn der zehnten Champions League gewartet. Und jetzt ist sogar der elfte Sieg in greifbarer Nähe. Siegen die Mannen um Zidane, so lassen sich elf Champions-League-Trophäen im Regal der Madrilenen zählen. Von 2002-2014 wartete man auf den zehnten Pokal und zwei Jahre später ist auch der elfte so nah. Bereits im Jahr 2014 Trafen die beiden Madrid-Klubs im Finale aufeinander. Mit dem erneuten Aufeinandertreffen im diesjährigen Finale stehen sich die beiden Vereine zum dritten Mal in Folge in der Champions League gegenüber.
https://www.youtube.com/watch?v=060fY1KxTcs
Atlético Madrid hatte da in der Vergangenheit nicht so viel Erfolg zu verzeichnen gehabt. Die Colchoneros verloren im Jahr 1974 ihr erstes Champions-League-Finale gegen den FC Bayern München, 2014 folgte die zweite Schlappe in einem Champions-League-Finale, nachdem Atlético dank eines Kopfballtreffers von Diego Godín in Führung gegangen war. Der Kopfballtreffer des Uruguayers hielt die Colchoneros bis zur 93. Minute in Führung. Atlético Madrid war nur noch 2 Minuten vom Sieg des Pokals entfernt. Jegliche Hoffnungen auf den Sieg, für den die Rojiblancos solange kämpften, zerschmetterte aber Sergio Ramos, als er zum Ausgleich traf und das Spiel in die Verlängerung brachte. Die Königlichen hatten von hier an einen ungemeinen Vorteil. Denn erstens musste Diego Simeone Diego Costa bereits in der 8. Minute verletzungsbedingt auswechseln, wodurch dem Argentinier nur noch Wechsel für zwei frische Spieler blieben. Carlo Ancelotti konnte drei frische Akteure ins Geschehen schicken. Der zweite Vorteil auf der Seite Real Madrids war der Motivationsboost, den die Königlichen durch Ramos’ Treffer erhielten, zugleich war das ein bitterer Tiefschlag für die Spieler rund um Simeone, der seinen Mannen neue Motivation einimpfen musste, nachdem das Spiel doch schon glatt gelaufen war.
Seit 2000 wussten die spanischen Klubs zu einem Großteil der Partien zu überzeugen. Von 34 europäischen Wettbewerben gingen 16 Pokale nach Spanien. Das ist wohlgemerkt fast die Hälfte aller Trophäen dieses bisher jungen Jahrtausends. 8 Mal gewannen die Spanier in dieser Phase die Champions League und genauso oft die Europa League bzw. den UEFA Cup. Barça holte sich den Champions-League-Pott 4 Mal, Real Madrid schnappte sich die Trophäe 3 Mal (Anm. seit 1992 auch 4 Mal) und der Sieger des heutigen Finales kommt nochmal dazu. Den Europa-League-Pokal schnappte sich in dieser Zeit Sevilla 5 Mal, Atlético 2 Mal und Valencia einmal. Zudem gingen in den letzten drei Jahren 6 von 6 Pokale nach Spanien.
Folgt die Rache für 2013/14?
Atlético Madrid wird dieses Jahr alles dafür geben, um sich bei Real Madrid für das Finale vor zwei Jahren zu rächen. Die Colchoneros hatten einen steinigen Weg ins Finale und würden diesen Sieg auch in vollem Maße verdienen. PSV, Bayern München und Barça wurden alle von den Rojiblancos aus dem Wettbewerb geschmissen, da ist es durchaus realistisch, dass auch Real Madrid nun an Atlético Madrid scheitern wird. Besonders interessant ist es auch, dass Altético ganze fünf Veränderungen in der Startelf (seit 2014) kompensieren musste und dies sogar mit Bravour gemeistert hat. Courtois, Miranda, Arda, Costa und David Villa verließen die Colchoneros. Fünf Leistungsträger wurden nahezu reibungslos ausgetauscht. Im Tor steht nun statt Courtois Oblak. Mit Giménez und Saúl folgten zwei Spieler aus der eigenen Jugend, um die Lücken in Abwehr und Mittelfeld zu stopfen und im Sturm schlugen Fernando Torres und besonders Antoine Griezmann ein, wie keiner es erwartet hätte.
Hier eine kleine Kostprobe:
https://www.youtube.com/watch?v=KRHeDX_ran0
Real Madrid wird es schwer haben, die Mauer Atléticos zu durchbrechen. Die Colchoneros haben seit dem Champions-League-Finale 2013/14 ganze zehn Mal gegen die Konkurrenz aus Madrid ungeschlagen gespielt. Die Abwehrreihe Atléticos zählt zu den fiesesten und am schwersten überwindbaren Europas. Da ist es selbst fraglich, ob ein Cristiano Ronaldo, der allein in der Champions League genauso viele Treffer erzielte wie Atlético als Team (16 Tore in der CL-Saison 2015/16), den Unterschied ausmachen kann.
Atlético Madrids Stärken liegen ganz klar in der schwer zu überwindenden Defensive. Diego Simeone stellt seine Akteure so ein, dass jeder mit Leib und Seele um jeden Ball kämpft und alles gibt. Die Rojiblancos erobern Fußball-Europas Herz schon seit Jahren mit einer enormen Team- und Kampfmentalität, die dafür sorgt, dass der Kasten weitestgehend sauber bleibt. Jedoch ist eine stabile Abwehr nicht alles, was die Colchoneros zu bieten haben. Im Sturm wissen die Akteure ebenfalls zu glänzen und so stechen sie beispielsweise tödliche Konter durch die Abwehrreihen der Gegner. Mit vielen kreierten Chancen können die Colchoneros des Weiteren ihre Gegner ordentlich unter Druck setzen.
Auf der anderen Seite haben wir Real Madrid. Die Königlichen haben einen ähnlichen Spielstil: kontern und viele Chancen kreieren. Die Chancen werden bei Real Madrid durch viele direkte nahe Schüsse oder durch Distanzschüsse kreiert. Auch bemerkenswert ist bei Real Madrid, dass die Außenverteidiger eine zentrale Rolle bei den Angriffen der Blancos einnehmen und stets dabei sind, wenn es heißt, Offensivaktionen auszuführen. Besonders Marcelo ist einer der Akteure, die die meisten Offensivakzente setzen können.
In dieser Partie wird Atlético Madrid vermutlich sehr kompakt stehen und versuchen, jegliche Angriffe der Königlichen direkt zu unterbinden, während Real Madrid zumindest zu Beginn der Partie viele Angriffe starten wird. Atlético wird sich höchstwahrscheinlich eher zurückhalten und auf den richtigen Moment warten, um dann wie eine Echse aus der Deckung zuzuschlagen. Reals Erfolggeheimnis wird darin stecken, Atlético müde zu spielen. Ob dies reicht, ist eine andere Frage. Immerhin wird auch Real Madrid bei vielen Angriffen irgendwann müde werden. Erzielt Altético in einer günstigen Gelegenheit den Führungstreffer, wird das eine ganz zähe Partie für Real Madrid.
Zum Abschluss noch einige interessante Zahlen: Real Madrid hat in 6 der letzten 7 Spiele in der Champions League keinen Gegentreffer kassiert und ist in den letzten 13 Spielen des Wettbewerbs in 12 Partien ungeschlagen. Atlético Madrid kann damit überzeugen, dass man in den letzten 12 Spielen gegen Real 11 Mal ohne Niederlage blieb.