Der FC Barcelona fuhr überraschend einen 2:1-Sieg gegen das favorisierte Inter Mailand ein – und das mit einer B-Elf. Ernesto Valverde probierte dabei eine Dreierkette aus und gab einigen Reservisten mehr Spielzeit als üblich. Die Youngster nutzten ihre Chance, lediglich Samuel Umtitis Leistung bereitet Sorgen. Die Brennpunkte zum Spiel.
Valverdes Experiment mit dem 3-5-2
Weil der FC Barcelona sich bereits vor dem letzten Gruppenspiel das Ticket für das Champions-League-Achtelfinale sichern konnte, hatte Ernesto Valverde die Chance, einigen Reservisten mehr Spielzeit zu geben und Stars für die kommenden, schweren Aufgaben gegen Real Sociedad und Real Madrid zu schonen.
Zu Beginn zeigte sich die fehlende Eingespieltheit der elf Auserwählten, weshalb Inter auch die erste Chance in der Partie hatte. Nach Abstimmungsproblemen der in dieser Saison erstmals ausprobierten Dreierkette kam der Gastgeber durch Romelu Lukaku zum ersten Abschluss, doch der Fehler Barças blieb unbestraft (5.). Der FC Barcelona war in der Anfangsphase bemüht, die Spielkontrolle mit langen Passphasen zu erlangen und erst einmal Ruhe auszustrahlen.
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Einen zentralen Punkt dabei nahm Ivan Rakitic ein, der als Sechser aufgestellt wurde und zur Halbzeitpause die meisten Ballkontakte (73) hatte. Dass Barças Dreierkette nicht nur Abstimmungsprobleme, sondern auch fehlende Spielpraxis hatte, merkte man besonders im ersten Durchgang immer wieder, allein Inter konnte daraus kein Kapital schlagen. Auch das umsichtige Spiel Rakitics änderte daran nichts.
Um die beste Defensive der italienischen Liga, die in 15 Ligaspielen nur 13 Gegentore kassiert hat, zu knacken, hatte sich Valverde im Angriff derweil für das Duo Griezmann und Pérez entschieden. Besonders Griezmann merkte man an, dass er sich in dieser Rolle deutlich wohler fühlte. Dennoch musste er häufig auf die Außen ausweichen, um an den Ball zu kommen.
Immer wieder schob sich Vidal aus dem Mittelfeld mit in die Sturmreihe, um die Angreifer zu unterstützen und die gegnerische Innenverteidigung zu beschäftigen. Daraus resultierte auch die überraschende Führung Barças in der 23. Minute: Griezmann bekam ungehindert wenige Meter vor dem Strafraum den Ball zugespielt, initiierte in Messi-Manier den Angriff von halbrechts durch einen scharfen Pass ins Zentrum, der dann zum 1:0 führte.
Nach wackliger Anfangsphase stabilisierte sich auch die ungewohnte Dreierabwehr merklich, so agierte Barça im Kollektiv im zweiten Durchgang wesentlich besser und sicherer. Vorne setzte Barça auch im neu-formierten Sturm immer wieder Nadelstiche, sei es durch Griezmanns Flachschuss oder letztlich Ansu Fatis Siegtreffer. Insgesamt kann das Experiment 3-5-2 somit durchaus als gelungen bezeichnet werden.
Reservisten betreiben Eigenwerbung
Das Spiel bei Inter nutzte Valverde auch, um einigen Reservisten endlich die verdiente Einsatz- und somit Bewährungschance zu geben.
Carles Aleña durfte halblinks im Mittelfeld ran und zeigte eine abgeklärte Vorstellung. Im Spiel gegen Mallorca feierte er in der Schlussphase nach fast vier Monaten sein Comeback in der ersten Elf, gegen Inter durfte er sogar über die volle Distanz ran. Der 21-Jährige verteilte dabei den Ball sicher, hatte mit 110 Ballkontakten die meisten Ballberührungen aller Spieler und inszenierte auch einige Angriffe. Darunter die erste Chance Barças im Spiel, als Pérez von Aleña steil geschickt wurde und Samir Handanovič erstmals prüfte (8.).
Ebenfalls im Blickfeld stand Jean-Clear Todibo, der halbrechts in der Dreierkette ran durfte. Der 19-Jährige zeigte größtenteils eine routinierte und abgeklärte Leistung und deutete sein Potential mehrfach an, auch wenn er sich vor dem Ausgleichstor im Zweikampf gegen Lautaro Martínez nicht durchsetzen konnte und ihm da der Schneid abgekauft wurde, genauso wie später in einer sehr ähnlichen Szene gegen Romelu Lukaku. Doch für eine körperliche Unterlegenheit im Infight sollte man einem 19-Jährigen keine Vorwürfe machen.
Zwei unglückliche Szenen von Todibo, der ansonsten aber eine gute Darstellung bot. Der Franzose versteckte sich nicht, brach oftmals im Spielaufbau sogar aus der Verteidigung heraus und kurbelte das Offensivspiel mit einigen Läufen über die Mittellinie selbst an.
Eine zufriedenstellende Leistung lieferte auch Moussa Wagué als rechter Wingback ab, der Senegalese versteckte sich nicht und lief seine Seite auf und ab. Stark machte es derweil Carles Pérez, der Torschütze zum Führungstreffer und an diesem Abend gefährlichste Angreifer der Blaugrana. Pérez zeigte einmal mehr, dass er vielleicht irgendwann doch einen ähnlichen Weg wie Barça-Legende Pedro gehen kann.
Valverde konnte sich im letzten CL-Gruppenspiel besonders auf seine jungen Reservisten verlassen, für die schweren Spiele gegen Real Sociedad und Real Madrid stehen ihm damit ausgeruhte Stars zur Verfügung. Und die Bankspieler zeigten auf, dass sie für weitere Einsätze bereit sind.
Umtiti bereitet Sorgen
Keine Eigenwerbung konnte derweil Samuel Umtiti an diesem Abend betreiben, der Weltmeister war der schwächste Verteidiger der Blaugrana in der Dreierkette. Bezeichnend war eine Szene in der ersten Hälfte an der Seitenauslinie, als sich der Franzose vom giftigen Lautaro Martinez den Ball abluchsen ließ, in dem er viel zu sorg- und achtlos in den Zweikampf ging – durch den Ballverlust hatte Inter eine gute Chance, die Neto aber entschärfte (19.). Immer wieder fehlte dem 26-jährigen Barça-Innenverteidiger die nötige Körperspannung, Spritzigkeit und Aufmerksamkeit.
Die fehlende Spielpraxis wird sicherlich ein Hauptgrund für den schwachen Auftritt gewesen sein, immerhin war es erst Umtitis sechstes Saisonspiel. Und doch muss man sich Sorgen machen, ob der Defensivspezialist, den in den letzten beiden Spielzeiten immer wieder Verletzungen zurückwarfen, darunter eine komplexe Knieblessur, jemals wieder auf das Level zurückfindet, das er beispielsweise bei der Weltmeisterschaft 2018 an den Tag legte. Der Auftritt dürfte auch Ernesto Valverde ein paar Sorgenfalten bereitet haben. Den besseren Eindruck machte an diesem Abend im Giuseppe-Meazza-Stadion Youngster Todibo.