Am vorletzten Spieltag der Gruppenphase in der Champions League empfängt der FC Barcelona das angeschlagene Borussia Dortmund im Camp Nou – und hat dabei einen Matchball. Für Gästetrainer Lucien Favre könnte die Partie im Camp Nou schon die vorletzte als Borussen-Coach sein. Ernesto Valverde muss einige personelle und taktische Fragen beantworten.
Wieder nicht überzeugt, aber die drei Punkte geholt und die Tabellenspitze verteidigt: Beim Gastspiel am vergangenen Wochenende beim Tabellenschlusslicht CD Leganés hat Barça einmal mehr bei einer Partie auf fremdem Platz einen rätselhaften Auftritt hingelegt, obwohl Ernesto Valverde mit Griezmann, Dembélé, Suárez und Messi geballte Offensivpower auf den Platz schickte. Das Spiel der Katalanen wirkte jedoch behäbig und ideenlos, aus dem Spiel heraus erspielten sich die Katalanen kaum nennenswerte Torchancen – zwei Standardsituationen sicherten den schmeichelhaften 2:1-Sieg. Aus Sicht des FC Barcelona mag man nun sagen: Zum Glück steht jetzt ein Heimspiel an.
Borussia Dortmund in der Krise
Am 5. Spieltag der Champions-League-Gruppenphase kann sich der FC Barcelona mit einem Sieg im heimischen Camp Nou gegen Borussia Dortmund (Mittwoch, 21 Uhr, live auf Sky) bereits für das Achtelfinale qualifizieren und gleichzeitig den Gruppensieg perfekt machen. Im Hinspiel entführte Barça einen ausgesprochen glücklichen Punkt aus dem Signal Iduna Park, als Marc-André ter Stegen mit mehreren Glanzparaden das 0:0 festhielt. Barcelona sollte also gewarnt sein.
Seitdem sind mehrere Wochen vergangen und der Gegner aus dem Ruhrpott befindet sich dabei keineswegs in Bestform. Nach dem blamablen 3:3 in der Bundesliga gegen den SC Paderborn wird intensiver denn je über den Dortmunder Trainer Lucien Favre diskutiert. Die englische Woche samt der jeweils kurzen Vorbereitungszeit sowie das Last-Minute-Tor Marco Reus’ gegen Paderborn, das dem BVB zumindest einen Punkt rettete, sorgen so wohl für einen Aufschub der Trainerentlassung – sofern die Mannschaft nicht eine drastische Leistungssteigerung in den kommenden beiden Partien beim FC Barcelona und bei Hertha BSC aufzeigen kann.
Pfiffe für BVB – Lucien Favre auf Bewährung
BVB-Chef Hans-Joachim Watzke machte auf der Jahreshauptversammlung am Sonntag klar, dass Favre nur auf Bewährung im Amt verbleibt: “Lucien, du hast weiterhin unser Vertrauen. Aber eins ist klar: Am Ende ist Fußball immer über Ergebnisse definiert”, sprach Watzke vom Podium.
Die Borussia hatte sich am Freitagabend in Halbzeit eins gegen den Aufsteiger aus Paderborn bis auf die Knochen blamiert, nach indiskutabler Leistung stand es zur Pause 0:3. Nur durch einen Kraftakt erreichte Favres Team noch ein Remis. Zur Halbzeit und auch nach Schlusspfiff gab es im Westfalenstadion ein gellendes Pfeifkonzert für das verunsicherte Team. “Diese Pfiffe gab es heute absolut zurecht”, meinte Mats Hummels, “das war von uns in fast allen Belangen einfach viel zu wenig”, während Kapitän Reus befand: “Man hat sich richtig geschämt. So dürfen wir nie, nie wieder auftreten. Das war absolute Scheiße.” Sportdirektor Michael Zorc sagte hernach: “Das war mit die schlimmste erste Halbzeit, die wir hier seit vielen Jahren im eigenen Stadion gesehen haben.”
Schlüsselspiel der Gruppe F – Alcácer fällt aus
Mit dieser Stimmungslage reist der BVB also ins Camp Nou, zum Schlüsselspiel gegen den Tabellenführer der Gruppe. Mental mag die Borussia zwar angeschlagen sein, personell kann sie nahezu aus den Vollen schöpfen – verzichten müssen die Dortmunder im Camp Nou lediglich auf Thomas Delaney, der mit einem Bänderriss im Sprunggelenk nicht zur Verfügung stehen wird sowie auf Paco Alcácer, der nicht wegen der erlittenen Wunde am Knie im Spiel gegen Paderborn ausfällt, sondern wegen Magen-Darm-Problemen auf ein Wiedersehen mit den alten Kollegen verzichten muss.
Mit Blick auf die Tabelle verspricht dieser Spieltag hochspannend zu werden: Der BVB hat nur einen Punkt weniger auf dem Konto als die Blaugrana, nachdem der deutsche Vizemeister in der letzten Champions-League-Begegnung Inter Mailand trotz eines 0:2-Halbzeitrückstands mit 3:2 bezwingen konnte – auch hier nach deutlichem Rückstand also eine beeindruckende Reaktion gezeigt hatte.
Mit einem Sieg wäre der FC Barcelona vorzeitig für die K.o.-Runde qualifiziert, gewinnt Inter Mailand im Parallelspiel bei Slavia Prag nicht, reicht Barça sogar ein Remis fürs Weiterkommen. Kurioserweise kann Barcelona sogar mit einer Niederlage vorzeitig ins Achtelfinale einziehen, vorausgesetzt Slavia schlägt Inter. Dann bliebe Barça bei acht Punkten stehen, Slavia hätte fünf Zähler, allerdings hat Barcelona den direkten Vergleich (2:1, 0:0) gegen die Tschechen gewonnen, bei Punktgleichheit gibt dieser den Ausschlag. Sollten die Italiener allerdings in Prag gewinnen, während Barça daheim patzt, wäre der letzte Spieltag der Gruppe F an Spannung nicht zu überbieten. Denn da gastieren die Katalanen dann in Mailand.
Barça fehlt fast die gesamte Stammabwehr
Während Dortmund in diesem Schlüsselspiel also auf zwei Stammspieler verzichten muss, hat Barça alleine in der Abwehr drei Ausfälle zu beklagen, wird diese somit wieder komplett umbauen müssen. Wie schon im letzten Spiel bei Leganés wird Ernesto Valverde auf die verletzten Außenverteidiger Jordi Alba und Nélson Semedo verzichten müssen. Júnior Firpo – zuletzt in Leganés alles andere als überzeugend – wird erneut auf links verteidigen, Sergi Roberto wird hinten rechts Moussa Wagué ersetzen.
Auch in der Innenverteidigung muss Valverde umbauen, da Gerard Piqué eine Gelbsperre absitzt, wird Samuel Umtiti gesetzt sein. An seiner Seite sollte Clement Lenglet beginnen, der in Leganés aufgrund von Wadenproblemen ausgefallen war, am Montag aber das Mannschaftstraining beschwerdefrei bestreiten konnte.
Erwartet wird, dass Valverde seinen Systemwechsel, der gegen Leganés nicht den erwünschten Effekt erzielte, wieder zurücknimmt und auf das gewohnte 4-3-3 umstellt.
Im Angriff werden sicher Lionel Messi und Luis Suárez beginnen, die Position auf dem linken Flügel ist hingegen noch offen, da Antoine Griezmann zum wiederholten Mal wie ein Fremdkörper im Spiel der Katalanen wirkte und nach nicht einmal einer Stunde gegen Leganés ausgewechselt wurde. Ousmane Dembélé ist gegen seine ehemaligen Teamkollegen besonders motiviert und könnte daher den Vorzug vor seinem französischen Landsmann auf linksaußen erhalten. So könnte Dembélé einen wichtigen Teil dazu beizutragen, dem FC Barcelona in die nächste Runde zu verhelfen. Und seinen Ex-Klub noch tiefer in die Krise zu stürzen.