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Wir haben in unserer Analyse bereits dargelegt, dass es vor der Partie zwischen dem FC Bayern München und dem FC Barcelona viele Unwägbarkeiten auf beiden Seiten gibt, welche für die Fans ein Höchstmaß an Spannung vermitteln. Dies betrifft allerdings nur die kollektive Stärke der beiden Vereine. Als nächstes möchten wir unser Blickfeld auf die spannende, aber in letzter Konsequenz nicht ernsthafte – ein wenig Spaß darf auch sein – Frage richten, welcher Trainer auf die besseren Einzelspieler zurückgreifen kann. Als Maßstab dient das jeweils zu erwartende Mannschaftsaufgebot, wodurch aufseiten des FC Barcelona Manuel Pinto nicht in die Waagschale gelegt werden kann. Los geht’s mit der Torhüterposition.
Víctor Valdés gegen Manuel Neuer
Manuel Neuer, die Nummer Eins im Kasten der deutschen Nationalmannschaft, gilt als einer der besten Torhüter der Welt. Er strahlt eine große Präsenz im Tor aus und verfügt über blitzschnelle Reflexe – auf der Linie kann ihm keiner so schnell das Wasser reichen. Anders sieht es hingegen bei der Strafraumbeherrschung und beim Herauslaufen aus. Immer wieder leistet sich der deutsche Schlussmann Patzer, die seine Mannschaft manchmal auch teuer zu stehen kommen. Damit bringt er sich selbst um die Vorschusslorbeeren, die ihm die deutsche Medienlandschaft verschafft hat. Weltklasse sieht jedenfalls anders aus.
Auch Víctor Valdés wird gemeinhin nicht zur Torhüter-Elite gezählt und muss sich in der spanischen Nationalmannschaft hinter Iker Casillas anstellen. Wie Manuel Neuer diskreditiert sich Valdés immer wieder durch vermeidbare Patzer und durch eine nicht immer vorhandene Souveränität in der Strafraumbeherrschung. Beim Herauslaufen allerdings ist Valdés sicher. Zudem gibt es keinen Keeper, der an seine Qualitäten am Ball heranreicht. Beim FC Barcelona hat Valdés – angefangen bei der Spieleröffnung – wesentlich komplexere Aufgaben zu bewerkstelligen als Manuel Neuer bei den Bayern. Nicht zu verachten ist die Coolness des Barça-Spielers in Eins-gegen-eins-Situationen.
1:0 für Barça
Jordi Alba gegen David Alaba
David Alaba ist gerade einmal 20 Jahre alt und auf der Position des Linksverteidigers eines der größten Talente der Welt. Mit teilweise herausragenden Leistungen – auch in der abgelaufenen Champions League-Saison – ist es dem Youngstar gelungen, in München einen Stammplatz zu erobern. Zu seinen Stärken zählen insbesondere seine gute Technik und seine Schnelligkeit. Wenn er zu Dribblings ansetzt, folgt ihm der Ball auf Schritt und Tritt. Defensiv steht Alaba zumeist sicher und offensiv schaltet sich der Verteidiger immer wieder gut ein. Dabei ist zu beachten, dass er häufig auch invers agiert, was für einen Außenverteidiger ungewöhnlich ist. Im Hinspiel gegen Juventus Turin erzielte Alaba in der ersten Minute bereits den Führungstreffer für seine Mannschaft.
Gegen Alaba hat Jordi Alba trotz seiner unbestrittenen Fähigkeiten einen schweren Stand. Für läppische 14 Millionen kam der kleine Linksverteidiger zu Beginn der Saison vom FC Valencia und ist aus der Mannschaft nicht mehr hinwegzudenken. Zu seinen Stärken zählen sein unnachahmlicher Antritt und seine Beharrlichkeit in Zweikämpfen, die ihn zu einem äußerst unbequemen Gegenspieler machen. Defensiv leistete sich Alba anfangs einige kleine Fehler, die er aber im Verlauf der Saison abgestellt hat. Jordi Alba und David Alaba nehmen sich unter Leistungsgesichtspunkten nicht viel. Allerdings kann Alba weitaus mehr Erfahrung vorweisen als Alaba und hat letztes Jahr mit der spanischen Nationalmannschaft die Europameisterschaft gewonnen. Dieser Punkt geht knapp an Jordi Alba.
Alba erhöht auf 2:0
Marc Bartra/Éric Abidal gegen Dante
In dieser Paarung fällt die Punkteverteilung leicht. Es ist nicht verfehlt, Dante das Prädikat “Weltklasse” zu unterstellen. Er steht in der Bayern-Verteidigung wie ein Fels in der Brandung und kann diese Saison auf bärenstarke Leistungen zurückschauen. Dazu gesellt sich seine Torgefährlichkeit bei ruhenden Bällen, die ihm bereits einige Tore beschert hat. Gegen den Brasilianer sieht der junge Bartra ziemlich alt aus, auch wenn er zuletzt mit soliden Leistungen auf sich aufmerksam machen konnte. Die Vorstellungen von Dante allerdings rangieren eine Etage höher, auch im Verhältnis zu Abidal, der ebenfalls ein potenzieller Vergleichsmaßstab ist. Abidal hat erst ein Spiel in dieser Saison über 90 Minuten absolviert und müsste, sofern er gegen die Bayern zum Einsatz kommt, von seiner angestammten Position als Linksverteidiger abrücken. Es bleibt damit festzuhalten, dass Dante den beiden Barça-Schützlingen keine Chance lässt.
Dante verkürzt auf 2:1
Gerard Piqué gegen Daniel van Buyten
Piqué gegen van Buyten – das riecht nach einer Patt-Situation. Van Buyten ist zweikampfstark, kopfballstark und solide. Doch auch die bisherigen Auftritte von Piqué können sich, bis auf wenige Ausnahmen, durchaus sehen lassen. Hier einen Sieger auszumachen, ist schwer. Für Piqué könnte als “Special Skill” seine Begabung in der Spieleröffnung sprechen, die den FC Barcelona noch pressingresistenter macht. Auch technisch ist Piqué für einen Verteidiger ziemlich beschlagen, sodass dieser Punkt hauchdünn an die Katalanen geht.
3:1 für Barça
Dani Alves gegen Phillipp Lahm
Phillipp Lahm ist der Dauerbrenner im Münchener Ensemble. Er erledigt seine Aufgaben in der Defensive gewissenhaft und kann auch in der Vorwärtsbewegung gute Akzente setzen. Als linker Verteidiger konnte Lahm sogar invers agieren und sich damit in eine gute Schussposition bringen. Das ist nun auf der Position des rechten Verteidigers als reiner Rechtsfuß nicht mehr möglich, was seiner Bedeutung für das Offensivspiel seiner Mannschaft aber keinen Abbruch tut. Auch Dani Alves schaltet sich immer wieder in die Offensive ein. Im direkten Vergleich zu Lahm fehlt ihm im letzten Spielfelddrittel allerdings das Durchsetzungsvermögen. Seine halbhohen Flanken in den Strafraum von der Strafraumkante strahlen nicht im Ansatz die gleiche Gefahr aus wie die Hereingaben von Lahm, die zumeist von der Grundlinie erfolgen. Darüber hinaus stand Alves in dieser Saison defensiv nicht immer sattelfest und muss damit Phillipp Lahm den Vortritt lassen.
Anschlusstreffer für die Bayern, 3:2
Sergio Busquets gegen Bastian Schweinsteiger
Während seiner Karriere hat sich Schweinsteiger immer mehr zu einem Abräumer entwickelt, der die Lücken schließt und die Ordnung wahrt. Im Zweikampf fällt es jedem Gegner schwer, gegen dieses Kraftbündel zu bestehen. Auch Lionel Messi musste bei der WM 2010 die Erfahrung machen, dass mit dem deutschen Nationalspieler “nicht gut Kirschen essen ist”. Sergio Busquets dagegen bedient sich nur selten der Kraftkomponente. Ihm geht es darum, durch seine Bewegungsabläufe, seine Stellung auf dem Feld und seine Antizipation zu überzeugen. Man könnte sich nun auf den Standpunkt stellen, dass viele Wege nach Rom führen und deshalb ein Unentschieden gerechtfertigt wäre. Damit aber würde man übersehen, dass Busquets nicht nur effizient ist, sondern auch sehr anmutig in seiner Spielweise. Sein Spiel ist sehr fließend und rührt alle Fußballästhetiker zu Tränen.
Busquets stellt den alten Abstand wieder her, 4:2
Xavi Hernández gegen Javi Martínez
Die Gerüchteküche brodelte in der vergangenen Sommerpause und ein Name weckte besondere Begehrlichkeiten: Javi Martínez. Lange Zeit wurde der Spieler mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht, doch die geforderte Ablösesumme lag jenseits der katalanischen Zahlungsbereitschaft. Kein geringerer als Marcelo Bielsa hat Javi Martínez zu dem gemacht, was er heute ist; ein taktisch hochgeschulter Mittelfeldstratege, der die Bayern im Vergleich zur letzten Saison erheblich verbessert hat. In der Nationalmannschaft konnte Martínez jedoch noch nicht richtig Fuß fassen, und das aus einem guten Grund. Als einzelner Spieler stehen ihm keine Möglichkeiten zur Verfügung, die Barça-Fraktion zu zerschlagen. Kann er aber Xavi zumindest in der individuellen Betrachtung hinter sich lassen? In letzter Zeit konnte der zweite Kapitän der Katalanen nur selten an seine Topform anknüpfen. Auch wenn er unter seinen Möglichkeiten bleibt, ist Xavi trotzdem ein sehr wichtiges Fragment der Barça-Mannschaft. Keiner strahlt so viel Ruhe am Ball aus, keiner besitzt seine Übersicht. Javi Martínez ist gut, aber gegen den Altmeister führt derzeit noch kein Weg vorbei.
Xavi mit dem 5:2
Andrés Iniesta gegen Thomas Müller
Thomas Müller wirkt zuweilen etwas unelegant in seinem Auftreten, doch seine Handlungen auf dem Platz haben immer Hand und Fuß. Er ist nicht der begnadetste Techniker, kein Usain Bolt und auch sein Antritt könnte besser sein. Doch was er tut, macht er mit Hingabe. Thomas Müller gibt keinen Ball verloren und kämpft bis zum letzten Atemzug. Er ist sehr unbequem zu verteidigen und zieht alle Register, um seinen Willen auf dem Feld durchzusetzen – und wenn hierzu ein allzu leichter Fall auf den Boden notwendig erscheint, warum nicht? Auf diese Methoden muss ein Andrés Iniesta nicht zurückgreifen. Er lässt schlicht sein Wirken am Ball für sich sprechen und einen Gegenspieler nach dem anderen ins Leere laufen. Das ist höchste Fußballkunst und beschert dem FC Barcelona einen weiteren Punkt. So langsam müssen sich die Münchener ins Zeug legen, es droht eine Blamage vor eigener Kulisse.
6:2 für Barça
Alexis Sánchez gegen Frank Ribery
Als der FC Bayern in der Champions League-Saison 2008/2009 mit 4:0 aus dem Camp Nou gefegt worden ist, war Ribery unmittelbarer Zeitzeuge. Nun erhält der Offensivakteur der Bayern endlich die Möglichkeit, sich zu revanchieren. Es ist leicht vorstellbar, dass Ribery auf das Spiel gegen die Blaugrana brennt – Anlass genug, bei Tito Vilanova die Alarmglocken schrillen zu lassen. Denn Ribery befindet sich zurzeit in einer absolut herausragenden Verfassung. Seine Dynamik im Dribbling könnte dem FC Barcelona schwer zusetzen, ebenso seine Fertigkeiten am Ball. Aber auch Alexis Sánchez dürfte sich pudelwohl in seiner Haut fühlen. Seit Wochen pendelt seine Formkurve auf einem sehr hohen Niveau und könnte den Bayern ebenfalls Magenschmerzen bereiten. Im Vergleich zu Ribery fällt aber auf, dass Sánchez nicht in der Lage ist, einfach zwei, drei Gegenspieler stehen zu lassen. Dass er stattdessen andere wichtige Aufgaben für den Verein erfüllen kann, steht außer Zweifel. Ribery allerdings dürfte dem Spiel noch mehr seinen Stempel aufdrücken.
6:3 – Geht da noch was?
Pedro Rodríguez gegen Arjen Robben
Arjen Robben – dieser Name geistert auch schon seit einer halben Ewigkeit in der Fußballwelt herum. Zu Recht, wird man angesichts seines Leistungspotenzials sagen müssen. Zwar war er in der Vergangenheit nicht immer in der Lage, dieses konstant abzurufen und seinem Namen damit eine noch größere Ehre zu bereiten. Gegen den FC Barcelona aber dürfte das nicht zum Problem werden. Er wird zu einigen Dribblings ansetzen und Zeugnis über seine Fertigkeiten am Ball ablegen, so viel steht fest. Aufgrund seiner engen Ballführung wird es schwer sein, ihn vom Ball zu trennen, und jede gröbere Behandlung mit einem Freistoß abgestraft. Pedro konnte in den letzten Spielen kaum für Furore sorgen. Eher im Hintergrund verrichtet er seine Arbeit und stellt sein gesamtes Fußballrepertoire in den Dienst der Mannschaft. Ähnlich wie Sánchez gegen Ribery kann Pedro im direkten Vergleich mit Robben nicht so hell aufscheinen. Wir Barcelonista allerdings wissen, dass der Schein manchmal trügt und geben den Punkt wohlwollend an die Bayern.
Bayern kämpft sich heran, nur noch 6:4
Lionel Messi gegen Mario Gomez
Messi und Gomez in einem Atemzug zu nennen, ist schon fast eine üble Herabwürdigung des argentinischen Superstars. Für gewöhnlich fällt sein Name inmitten von Größen wie Pele, Maradona oder Ronaldinho. Wenn Mario Gomez in der Zwischenzeit nicht irgendetwas einfällt, wie er seinen fußballerischen Horizont noch um ein paar Sonnensysteme erweitern kann, dann wird sich Messi in diesem Duell wohl oder übel durchsetzen. Die enorme Leistungsdiskrepanz rechtfertigt es sogar, dem FC Barcelona hier zwei Punkte gutzuschreiben und den Bayern keinen. Wer jetzt denkt, dass Barçawelt diese Entscheidung nicht willkürfrei getroffen und das Ergebnis verfälscht hat, dem darf mit dem folgenden gewichtigen Einwand entgegengetreten werden: Alles hier hatte seine Richtigkeit.
Messi stellt mit einem Doppelpack den 8:4-Endstand her