Manchen scheint es schon lästig vorzukommen, aber erneut muss der FC Barcelona gegen den AC Milan ran. In der Liga läuft es für die Italiener bis jetzt noch nicht besonders gut – man findet sich im Mittelfeld mit schon relativ großem Rückstand auf die vorderen Plätze wieder. Zurückschauen wollen wir nun auf die Partie gegen Juventus Turin vor der Länderspielpause. Das sollte kein leichtes Unterfangen werden, da dieser Gegner schon in der Vergangenheit schwer zu besiegen war und der Heimvorteil ihnen noch einen Extrabonus gab.
Spielverlauf Juventus Turin – AC Milan
Und gleich rein in die Partie: Milan begann mit dem Anstoß und schon der erste Angriff endete mit einem Tor. Eingeleitet wurde es durch einen langen Ball nach vorn. Mit etwas Glück er über mehrere Stationen zu Nocerino, der Muntari frei im linken Strafraumbereich sah. Dieser erwischte den Ball etwas skurril mit der Hacke im Rückwärtsfall, konnte den Torhüter aber vielleicht gerade dadurch bezwingen – und so sahen sich die Gäste nach nur 20 Sekunden schon in Führung. Richtig gefährlich für Milan wurde es das erste Mal, als die Abseitsfalle schiefging und Quagliarella nach einem Lochpass frei zum Schuss kam; allerdings ging das Leder über den Kasten (8‘). Kurz darauf erarbeitete sich Asamoah etwas Platz und zog ab, doch Abbiati parierte zur Ecke (9‘). Ein weiterer Distanzschuss kam von Chiellini, der aber ebenso am Keeper scheiterte (11‘). Nach 15 Minuten befand sich der Ball dann aber doch im Netz der Mailänder. Einen Freistoß am Strafraumrand trat Pirlo nicht besonders platziert, doch hatte der Schuss genügend Geschwindigkeit, dass der Torhüter ihn nicht mehr weglenken konnte. Eine unglaubliche Szene spielte sich kurze Zeit später ab. Nach einem Eckball wurde der Ball auf Tévez verlängert, der ihn aus spitzem Winkel nicht richtig traf, so dass er erneut in die Massen flog; Montolivo zwang den Torhüter bei einem Klärungsversuch per Kopf dann zu einer Riesenparade – da hatte Milan viel Glück gehabt (18‘). Dann endlich wurde Milan wieder gefährlich: Bei einem Vorstoß schloss Zapata einfach mal ab und brachte Buffon in Schwierigkeiten – doch dieser konnte die Kugel gerade noch ablenken (26‘). Interessant wurde es erst später wieder: Nachdem Milans Torhüter den ersten Ball noch wegschlagen konnte, konnte Tévez anschließend mit ihm aufs Tor zusprinten. Gestoppt wurde er durch einen Rempler von Constant im Strafraum – doch der Schiedsrichter entschied sich gegen einen Elfmeter (41‘). Das hätte manch einer anders gesehen.
Nach der Pause war es dann auch wieder Juventus, das die erste große Möglichkeit hatte. Vidal probierte es aus der Distanz und verfehlte den Kasten nur knapp (49‘). Doch bald darauf setzte Milan wieder ein Zeichen. Matri steckte den Ball mit einem feinen Pass durch die Abwehr und Robinho erwischte ihn – allerdings konnte Buffon gerade noch zur Ecke parieren (52‘). Wieder auf der anderen Seite setzte sich Asamoah am Strafraumrand gut durch und zog ab – doch die Kugel ging knapp am Triangel vorbei (59‘). Später fanden Pogba und im Anschluss Asamoah freie Schussbahnen – doch der erste Schuss wurde abgewehrt, der zweite ging vorbei. Und dann endlich, lange mussten die Fans warten, kam das Tor. Milan verlor im Aufbauspiel den Ball und Juventus nutzte die Überzahlsituation gekonnt aus, so dass Giovinco zum 2:1 vollstrecken konnte (69‘). Das sollte es aber noch nicht gewesen sein. Alle Möglichkeiten schienen Milan in der 75. Minute genommen zu werden. Erst sah Mexes nach einem Foul die Gelb-Rote Karte. Er hätte sogar schon eher gehen können, da er einem Spieler bei einem Eckball früher im Spiel eine Kopfnuss verpasste. Den Freistoß setzte Pirlo an die Latte, doch Chiellini versenkte das zurückspringende Leder. Man konnte meinen, dass nun alles vorbei war. So schien es auch, bis sich plötzlich Muntari ein Herz nahm und den Ball auf das Tor hämmerte. Da Buffon ein Stück zu weit draußen stand, glückte dieser Versuch und gab für die allerletzten Minuten nochmal Hoffnung (90‘). Am Spielausgang sollte sich allerdings nichts mehr ändern.
Tore: 3(1) – 2(1)
Ballbesitz: 43% – 57%
Schüsse (aufs Tor): 20(6) – 9(5)
Ecken: 9 – 5
Fouls: 12 – 13
Abseits: 4 – 1
Spielweise und Taktik
Milan spielte in einer Art 4-3-3. Im Tor stand Abbiati, die Verteidigung bildeten von rechts nach links Abate, Zapata, Mexes und Constant. Im defensiven Mittelfeld stand de Jong, zu seiner Rechten spielte Nocerino, zu seiner Linken Muntari. Vorn war Montolivo hinter Robinho und Matri positioniert. Milan versuchte Juventus möglichst selten an den Ball kommen zu lassen und zog sein eigenes Spiel auf. Auffallend war der hohe Aufwand der Innenverteidiger im Spielaufbau, da sie dort in erster Linie auch nur vom defensiven Mittelfeldspieler unterstützt wurden. Die beiden Außenverteidiger waren relativ hoch positioniert, bewegten sich dann aber bei der Vorwärtsbewegung nur noch geringfügig Richtung gegnerischen Kasten. Die zentralen Mittelfeldspieler schalteten sich in fast jeder Lage ins Offensivspiel mit ein und rückten dabei sehr häufig auf die Außenbahnen vor, da die nominellen Stürmer eher zentral spielten. Montolivo hatte im Gegensatz zu seinen Sturmkollegen einen defensiveren Part. Bei gegnerischen Angriffen waren die anderen beiden von vielen Verteidigungsaufgaben befreit und blieben vorn, der dritte Angreifer konnte nur mit etwas Zurückhaltung vor dem Kasten des Gegners mitwirken.
Wie schon erwähnt, suchte der AC Milan die Spielkontrolle, hatte dabei aber Schwierigkeiten, dem gegnerischen Tor nahe zu kommen. Anders lief es, wenn die Mannschaft einmal Platz hatte und das Spiel schnell machte. Da man sich dem Tor über Kombinationen kaum nähern konnte, spielte Milan oft lange Bälle nach vorn und überwand somit das Mittelfeld. Häufig führte das auch zu einem Ballverlust und war alles in allem kaum Erfolg bringend. Insgesamt war der AC Milan überfordert, die Abwehr des Gegners zu bezwingen. Juventus presste gut und zu guten Zeitpunkten, so dass der AC nur schwer Richtung Tor kam. Lange hohe Bälle und Konter waren praktisch die einzigen Aktionen, die auch gefährlich werden konnten.
In der Verteidigung stand Milan relativ sicher und verschob gegen die angreifenden Spieler gut. Die Viererkette war sehr eng, so dass die Flügel leer blieben, was Juventus aber nicht zu nutzen versuchte. Durch die drei Mittelfeldakteure wurde der Platz vor dem eigenen Sechzehner noch enger und Montolivo als hinkender Stürmer half auch gut mit aus. Einmal organisiert, war die Verteidigung also sehr stabil und kaum bezwingbar. In Verlegenheit wurde die Gäste-Abwehr aber bei Kontern des Gegners gebracht, da die hohe Positionierung vieler Spieler einen numerischen Nachteil für mehrere Sekunden verursachte. Eine solche Aktion war auch Ausganglage des 2:1 und Grund des Platzverweises sowie der guten Freistoßmöglichkeiten.
Alles in allem ist das Ergebnis sogar ein bisschen glücklich für den AC Milan. Man wirkte nach vorn weitgehend ideenlos, auch wenn man zwei Tore schoss. Hinten war man zwar gut organisiert, brauchte für die Organisation aber zu lange und ließ dadurch zu viel zu. Der FC Barcelona könnte es aber durchaus schwieriger haben, sollte man die Lücken nicht nutzen, bevor sie sich schließen. Es bleibt abzuwarten, was Tata diesbezüglich vorgesehen hat.