Der FC Barcelona steht kurz davor, Arthur zusammen mit ein paar Millionen gegen Miralem Pjanic von Juventus Turin zu tauschen. Doch Barça sollte sich stattdessen lieber um die Rückkehr eines verlorenen Sohnes bemühen: Thiago. Ein Kommentar.
Wir schreiben den 17. Mai des Jahres 2009, der FC Barcelona steht bereits als Meister der La-Liga-Saison 2008/09 fest und tritt in einem unbedeutenden Spiel beim RCD Mallorca an. Das Ergebnis rückt in den Hintergrund, denn in Minute 75 wechselt der damalige Trainer Pep Guardiola einen jungen 18-Jährigen mit der Nummer 44 ein – das Profidebüt eines gewissen Thiago Alcántara do Nascimento, kurz Thiago. Obwohl die Ära Xavis und Andrés Iniestas so richtig gerade erst begonnen hat, sind sich die meisten Culés schnell einig: Dieser Thiago, der im übrigen noch einen jüngeren, ähnlich talentierten Bruder Namens Rafinha hat, wird die nächste Ära im Mittelfeld der Blaugrana prägen.
Vier Jahre vergehen, und durch die extreme Dominanz der beiden Klublegenden in der Schaltzentrale sieht sich der mittlerweile 22 Jahre alte Thiago zu einer Entscheidung gezwungen: bei Barça bleiben und versuchen, gegen diese Giganten anzukommen, oder sich einen neuen Verein zu suchen.
Eine Ausstiegsklausel aufgrund zu weniger Einsätze macht es möglich und so wechselt Thiago im Sommer 2013 für eine fast schon mickrige Ablöse von 25 Millionen Euro zum FC Bayern München und zu seinem “Ziehvater” Pep Guardiola, der mittlerweile an der Säbener Straße tätig ist. Zu wenig Einsatzmöglichkeiten sieht das Mittelfeld-Talent bei den Katalanen, zudem brauchen diese jeden Cent für die Verpflichtung Neymars – es folgt eine einvernehmliche Trennung.
Arthur vor dem Aus bei Barça
Doch nun zurück in die Gegenwart. In diesen Tagen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Juventus Turin soll sich Berichten zufolge mit dem FC Barcelona über einen Tausch-Deal einig sein, bei dem Arthur und Pjanic die Seiten wechseln und Barça noch ein paar Millionen Euro oben drauf bekommt. Die Blaugrana suchen also eine Verstärkung im Mittelfeld, so weit so gut, doch warum Arthur für Pjanic (fast eins zu eins) tauschen? Der Brasilianer ist seit knapp zwei Jahren in der katalanischen Hauptstadt, befindet sich noch immer in der Entwicklungsphase und gilt neben Frenkie de Jong und dem Eigengewächs Riqui Puig als Zukunft in der blau-roten Schaltzentrale.
Zugegebenermaßen bleibt der 23-Jährige besonders in dieser Saison etwas hinter den exorbitanten Erwartungen zurück, doch ein sieben Jahre älterer Pjanic, der zudem ein sehr ähnlicher Spielertyp wie Arthur ist, stellt nun wahrlich kaum ein Upgrade dar, das die Probleme in Barças Mittelfeld lösen könnte. An dieser Stelle kommt nun wieder der junge Mann vom Anfang des Textes ins Spiel – Thiago.
Pjanic ein älterer Arthur
Denn wenn man über die besagten Schwachstellen im Mittelfeld der Katalanen philosophiert, fallen einem zwei Dinge ins Auge: fehlendes Tempo und zu wenig Überraschungsmomente. Thiago ist ein Spieler, der diese beiden Eigenschaften mehr als nur mitbringt, er hat sie perfektioniert. Zwar ist er nicht unbedingt der schnellste zu Fuß, aber seine Handlungsschnelligkeit und sein Spielwitz lassen ihn oft zwei oder gar drei Schritte schneller erscheinen als seine Gegenspieler, wenn auch diese Schritte nur im Kopf passieren.
Der FC Barcelona braucht in der Zentrale einen Spieler, der auch mal mit einem Kontakt – sei es eine Ballan- oder -mitnahme, ein kurzer Antritt oder eine Finte – den Gegner auszuhebeln vermag. Frenkie de Jong kann das in Ansätzen, Arthur traut sich so etwas bis hierhin viel zu selten, und die Herren Ivan Rakitic und Arturo Vidal haben ihre vermeintlichen Qualitäten ganz woanders – ebenso das auserkorene Transferziel Miralem Pjanic, der im Prinzip nur ein älterer Arthur ist.
Wenn sich die sportliche Führung des FC Barcelona also unbedingt vom Brasilianer trennen möchte, was aufgrund der angespannten finanziellen Situation des Klubs und dem Mangel an “verkaufbaren” Spielern (also solchen, die auch eine hohe Summe einbringen würden) zumindest verständlich wäre, stellt man sich die Frage: Warum nicht den verlorenen Sohn zurückholen?
Chancen für Thiagos Rückkehr gut wie nie
Die Situation könnte eigentlich kaum besser für eine Rückkehr stehen, denn der ältere der Alcántara Brüder besitzt in München nur noch einen Vertrag für die kommende Spielzeit und strebt laut SportBild keine Verlängerung an – unter anderem der FC Liverpool soll schon interessiert sein. Möchte der FC Bayern den 29-Jährigen also noch zu Geld machen, müssen sie in diesem Sommer aktiv werden – sonst verlieren sie ihn 2021 ablösefrei.
Thiago ist somit nicht nur ein Jahr jünger als Pjanic, er kennt Liga und Verein, spricht die Sprache und ist grundsätzlich der passendere Spielertyp für die aktuelle Mannschaft, er wäre zudem auch die wahrscheinlich wesentlich günstigere Alternative – jedenfalls bezüglich Ablösesumme.
Auch wenn der Spanier mit brasilianischen Wurzeln durchaus eine gefüllte Krankenakte besitzt, blieb er von schlimmeren Verletzungen, die seine Leistung und Karriere dauerhaft beeinflussen könnten, verschont. Außerdem verlangt keiner von ihm, bei Barça 60 Spiele im Jahr zu machen, schließlich klopfen Talente wie Riqui Puig bereits hörbar an die Tür zur ersten Mannschaft und auch ein Carles Aleñá kehrt zur nächsten Saison von seiner Leihe zu Real Betis zurück.
Zwar sagte der große Xavi selbst einmal, man solle keine Spieler, die die katalanische Hauptstadt verlassen, zurückholen, doch die ganze Situation ist einfach wie gemalt für eine Rückkehr des verlorenen Sohnes. Um es mit den Worten Pep Guardiolas zu sagen: “Thiago oder nix!” – zumindest für Barças Mittelfeld.