Barças Strippenzieher auf dem Transfermarkt: So wichtig ist Mateu Alemany

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Der Neuanfang nach der chaotischen Zeit unter Josep Maria Bartomeu verläuft so strukturiert, weil Präsident Joan Laporta auf einen sehr guten Sportchef zurückgreifen kann. Eine Analyse, warum Barças Mateu Alemany sein Handwerk versteht.

Schwieriger Anfang für Laportas Stab dank Bartomeu

Die Liste der zweifelhaften Aktionen, unter denen der große FC Barcelona durch Josep Maria Bartomeu einen Imageverlust erlitten hat, ist lang. Wachsende finanzielle Probleme und ausbleibender sportlicher Erfolg riefen erste kritische Stimmen im Barcelonismo hervor. Als die so genannte “Barçagate-Affäre” bekannt wird und es öffentlich zum Vertragsstreit mit Vereinsikone Lionel Messi kommt, läuft das Fass über: Präsident Bartomeu und sein Führungsstab treten am 27. Oktober 2020 nach heftiger Kritik von allen Seiten zurück. Neuwahlen sollten ursprünglich am 21. Januar 2021 stattfinden, doch wegen der COVID-19-Pandemie wurde die Wahl auf den 7. März verlegt. Bis die neue Vereinsführung um Joan Laporta ihr Amt antreten konnte, war die Blaugrana ganze 150 Tage lang ohne offiziell gewählten Vorstand.

Laportas Amtszeit begann mit einem Paukenschlag: zwar hatte man sich mit Messi auf einen neuen Vertrag geeinigt, doch La Liga schob dieser Verlängerung einen Riegel vor, da die Gehaltsausgaben des FC Barcelona bei Vertragsabschluss 110 Prozent betragen hätten. Die empfohlenen Gehaltsausgaben der Liga sehen lediglich 65 bis 70 Prozent vor. Die neue Führung musste also von Beginn an den Seiltanz vollführen, einerseits die aus dem Ruder gelaufenen Finanzen zu ordnen und andererseits sportlich relevant, ja gar erfolgreich zu bleiben. Passend dazu titelte die Marca damals zu Alemany: “Er ist ein Killer, die Nummer eins!”

Alemany: Der, der den FC Barcelona umgräbt

Permanent schwirrte eine Zahl durch den Barça-Kosmos: 1,34 Milliarden Euro. So hoch war der Schuldenberg der Katalanen, was nach dem Ende von Bartomeus Amtszeit erst ans Licht kam. Die ersten Monate der neuen Führung waren vor allem davon geprägt, die exorbitanten Gehälter zu reduzieren: zwischen 2017 und 2021 stiegen die Ausgaben für Gehälter um 61 Prozent; schon Messi, Antoine Griezmann, Philippe Coutinho und Ousmane Dembélé ließ man sich pro Saison 300 Millionen Euro kosten. Allein der Abgang Messis, für viele Culers ein Stich ins Herz, machte rund 70 Millionen Euro im Jahr frei, was allein den Beginn einer neuen Ära markiert. Auch wurde Griezmann, Großverdiener mit rund 37 Millionen Euro Jahresbruttogehalt, an Atlético Madrid verliehen; das zudem per Kaufpflicht. Die Kapitäne Gerard Piqué, Sergio Busquets, Jordi Alba und Sergi Roberto haben Gehaltskürzungen zugestimmt. Mit der Leihe Coutinhos (zu Aston Villa), wohl einem der größten Flops der Vereinsgeschichte, wurden 21 Millionen Euro brutto anteilig für eine halbe Saison eingespart.

Für große Überraschung gesorgt haben dürfte die Vertragsverlängerung von Samuel Umtiti (mittlerweile an US Lecce verliehen), der sportlich seit einiger Zeit schon keine Rolle mehr spielte. Doch: Der Deal mit reduziertem Gehalt lässt buchhalterisch die Ausgaben auf einen längeren Zeitraum verteilen, Umtitis finanzielles Gewicht wurde also deutlich “leichter gemacht”, ohne den Spieler abgeben zu müssen, was sich zu dem Zeitpunkt ohnehin bereits als kompliziertes Unterfangen herausstellte.

Im Wintertransferfenster 2021/22 wurden mit Dani Alves (ablösefrei), Pierre-Emerick Aubameyang (ablösefrei), Ferran Torres (55 Millionen Euro) und Adama Traoré (Leihe) vier Neuzugänge für vergleichsweise wenig Geld verpflichtet – was auch dringend notwendig war: Unter Ronald Koeman, der bis zu seiner Entlassung am 28. Oktober 2021 die Katalanen trainierte, rangierte Barça in La Liga nur auf Platz neun. Die internationalen Plätze, welche viel Geld und Attraktivität bringen, waren ernsthaft in Gefahr. Alemany trug gewichtig dazu bei, dass Xavi, der inmitten der Saison den Trainerposten übernahm und keinerlei Vorbereitung mit der Mannschaft hatte, den FC Barcelona zum Saisonende auf Platz zwei führte. Die Weichen für einen Neuanfang nach der chaotischen Bartomeu-Ära waren gestellt.

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Trotz La Liga-Gehaltsobergrenze: der neue FC Barcelona

Zum Saisonende beziehungsweise im Sommertransferfenster sollte Alemany weiter ausmisten und an der Neugestaltung des Kaders mitwirken: Coutinho wurde fest von Aston Villa verpflichtet. Zwar bekam der FC Barcelona für den einstigen 145-Millionen-Euro-Transfer nur noch 20 Millionen Euro Ablöse, doch ein Topverdiener konnte von der Gehaltsliste gestrichen werden. Spieler, die lange hinter ihren Erwartungen blieben, wie Francisco Trincão, Clément Lenglet oder Rey Manaj, wurden verliehen. Im Gegenzug blieb der Barça attraktiv genug, um ablösefreie Spieler wie Andreas Christensen und Franck Kessié zu verpflichten, die sicherlich auch genug andere Angebote in Europa hätten annehmen können. Auch hat Alemany es geschafft, dass Dembélé nach langem Geduldsspiel seinen Vertrag verlängerte und statt den geforderten 40 Millionen Euro Jahresbrutto nun sogar deutlich weniger Geld verdient.

Selbst ein finanziell wesentlich schlagkräftigerer Verein wie der FC Chelsea konnte gleich zweimal ausgestochen werden, als Raphinha von Leeds United und Jules Koundé vom FC Sevilla verpflichtet wurden. Zu guter Letzt schaffte Alemany es sogar, mit Robert Lewandowski wieder einen echten Weltstar zu verpflichten, dessen Tore nach einer historisch torarmen Saison dringend benötigt werden. Auch für die Zukunft wurde vorgesorgt: so wurde mit Pablo Torre von Racing Santander eines der vielversprechendsten Talente Spaniens an Land gezogen.

Barças künftige Strategie bei Transfers

Unter der neuen Vereinsführung um Laporta wurden mittlerweile 17 Profispieler verpflichtet (Jugendspieler wie beispielsweise Gavi nicht mitgezählt), wofür man insgesamt 222,5 Millionen Euro fixe Ablösesummen ausgegeben hat (was pro Transfer etwa 13 Millionen Euro entspricht). Zum Vergleich: Diese Summe erreichte Bartomeu mit nur vier Spielern: Griezmann (120 Millionen Euro), Miralem Pjanic (60 Millionen Euro), Sergiño Dest (21 Millionen Euro) und Trincão (31 Millionen Euro) respektive in nur einer einzigen Transferperiode: 2019/2020. Schnell wurde klar: der FC Barcelona fährt unter Laporta und mit Alemany einen neuen Kurs. Sicherlich auch gezwungenermaßen ob der finanziellen Schieflage, doch der Spagat zwischen sportlicher Attraktivität und Sparzwang will gelernt und wohlüberlegt sein.

Während sich mit Leihgeschäften europaweit im Zuge der COVID-19-Pandemie ein neuer Trend auf dem Transfermarkt breitzumachen scheint, fädelt Alemany offenbar mit Vorliebe auch ablösefreie Transfers ein. So wurde neben den genannten Christensen und Kessié beispielsweise für Eric García (von Manchester City), Memphis Depay (von Olympique Lyon) oder Aubameyang (von Arsenal) kein einziger Euro Ablöse fällig.

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Der FC Barcelona und die Gehälter

Hauptproblem der Katalanen bleiben jedoch die Gehaltszahlungen. Zu Beginn von Laportas Amtsübernahme offenbarten sich riesige Abgründe beim Blick auf die Bücher. Griezmann verdiente auf Anhieb 20 Millionen Euro brutto im Jahr, Umtiti stand zuletzt bei 12 Millionen und Roberto, nie wirklich Stamm- oder Schlüsselspieler, erhält ebenfalls zwölf Millionen Euro im Jahr. Aktuell liegen der FC Barcelona und Frenkie de Jong eben deswegen im Clinch: die Bartomeu-Verträge sind aus Sicht der Spieler natürlich lukrativ, doch dem Verein schaden sie langfristig.

Im Zuge der Neugestaltung des Profikaders erhält auch eine neue Gehaltsstruktur bei der Blaugrana Einzug. Die neue Ausrichtung unter Alemany soll eine geordnete Struktur sein, die langfristig bezahlbar bleibt und im Vergleich mit dem Rest Europas nicht den Rahmen sprengt: Die Stars der Mannschaft sollen maximal neun Millionen Euro (netto) im Jahr erhalten, Schlüsselspieler fünf bis sieben Millionen Euro, einfache Spieler drei bis fünf Millionen Euro und Reservespieler maximal drei Millionen Euro netto im Jahr. Zum Deadline Day 2022 beträgt das Gehaltsvolumen der Katalanen nur noch rund 166 Millionen Euro jährlich (ohne Pierre-Emerick Aubameyang, der in letzter Minute zum FC Chelsea wechselte). Exorbitante Verträge sucht man unter Laporta und Alemany vergebens.

Es ist festzuhalten, dass die Abwicklung der früheren, aufgeblähten Spielerverträge, die Reformation des Gehaltsgefüges und eine neue Transferstrategie, die den Mittelweg zwischen wirtschaftlicher Rentabilität und sportlichem Erfolg ebnet, schon nach kurzer Amtszeit Alemanys wichtige Meilensteine sind, auf die man zufrieden blicken kann. Dass der Verein nach dem Imageverlust in den letzten Bartomeu-Jahren und der nahezu ruinösen finanziellen Schieflage dennoch attraktiv genug bleibt – auch finanziell -, so dass unter anderem der zweimalige Weltfußballer Lewandowski sich für Barça entschied, dürfte deutlich machen: der starke Mann hinter Präsident Laporta ist Sportchef Mateu Alemany.

Clemens Wustmann
Clemens Wustmann
Blaugrana im Herzen seit 2001
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5 Kommentare

  1. Also ich sehe die Arbeit von Mateu nicht so rosarot, wie es hier beschrieben wurde. Allein das Argument, dass er weniger Geld ausgegeben hat als Bartomeu und es darum als positive Bewertung anzusehen, ist ja wohl ne Milchmädchenrechnung. Barca hat in diesem Transferfenster ein Minus von 115M Euro!!! Wer also ein Minus als wirtschaftlich positiven Anspekt bewertet, nur weil es Leute gab, die es noch schlechter gemacht haben, der ist wirtschaftlich ne Niete.

    Zu den Transfers

    Verpflichtungen: Hier hat Mateu tatsächlich gut gearbeitet, denn er hat ablösefrei agiert und selbst die Topspieler zu guten Deals bekommen, also ja 158M Ausgaben für all diese Spieler sind schon ein Schnäppchen. Allerdings muss man auch sehen, dass ein Alonso z.B. überflüssig war und auch ein Bellerin nur eine Notverpflichtung aus Verzweiflung.

    Abgänge: Ja, Barca hat eine recht hohe Abgangszahl von 18 Spielern. Schaut man sich das aber mal genauer an, dann finde ich, dass die tolle Zahl mit ihrer positiven Ausstrahlung ganz schnell düster wird
    – echte Verkäufe nur 3 für insgesamt 35M, wobei Auba’s 12M auch mehr oder weniger nur eine Verzweiflungstat war, weil Depay sich weigerte zu gehen
    – 7 Spieler verliehen (darunter Umtiti, Lenglet, Dest) von denen es nur für einen eine Leihgebür von 3M gibt für Trincao, die kommen also nächstes Jahr alle wieder (Griezi fehlt in der Liste, da er sich ja seit letztem Jahr in Leihe befindet)
    – 6 Spieler sind ablösefrei bzw mit Vertragsauflösung gegangen
    – 2 Spieler gingen, weil die Leihe abgelaufen war und Barca die Kaufoption nicht zog
    – Mateu und Co haben es nicht geschafft auch nur einen (Cou kann man hier wohl kaum als Erfolg bezeichnen, der war eh schon weg und Oscars 3M sind einfach nicht erwähnenswert) der sowohl spielerisch als auch finanziell überflüssigen Spieler zu verkaufen (Spieler wie Umtiti, Lenglet, Dest, Martin, Neto, Pjanic, FDJ, Depay – alle noch da oder nur verliehen oder Vertrag aufgelöst), brachte also nicht einen cent, im Gegenteil, manche in Leihe kosten uns sogar Gehaltsanteile.

    Damit will ich sagen, auf der Verkaufsseite haben Mateu und Co einen miserablen Job gemacht, aber genau darin misst sich der Wert eines guten “Vertrieblers”. Einkaufen kann jeder, aber gewinnbringend wirtschaften nur wenige.

    • Dir ist aber schon bewusst, dass uns alle Vereine finanziell in der Hand hatten.
      Für mich bekommt Mateus eine 1+
      Was dieses Board in 18 Monaten (alle Deals, spielerabgänge, Zugänge)
      Ist sehr, sehr gut. Entschuldige mal, wenn eine eindeutige Verbesserung des kaders 125 mio kostet.
      Das ist für dich negativ.? Unglaublich. Hinzukommt, der Kader hat 166 mio Lohnkostenvorteile jetzt.
      Das hatten vorher nicht 25 spieler, sondern 4 oder 5.
      Für mich ist (so gut wie) alles rosarot und du bist mit Ahnungslosigkeit geschlagen.

      • Immer diese Oberflächlichkeit, mit der hier Kommentare gelesen werden und dann geantwortet wird.
        Ich habe ausschließlich von Verpflichtungen (diesbezüglich Mateu auch gelobt) und Abgängen geschrieben und dass ich bezüglich der Abgänge Mateu’s Job als miserabel ansehe. Wenn du mir also schon antwortest, dann auf meine Äußerungen und nicht, was du dir da reininterpretierst und mir unterstellst.
        Also, wo habe ich geschrieben, dass die Verpflichtungen negativ sind? Wo habe ich mich zu Lohnkosten geäußert? Geht auch nicht, dass man mal einen Kommentar beantworten kann ohne hier beleidigend zu werden nur, weil jemand ne andere Meinung hat und alles nicht nur schönredet?

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