Obwohl Neymar in diesem Sommer nicht zum FC Barcelona zurückkehrt, werden die Auswirkungen des gescheiterten Transfers noch lange bei den Katalanen spürbar sein. Gewinner gibt es kaum, aber jede Menge Verlierer.
Es ist keine Seltenheit, dass erfolgreiche Hollywood-Blockbuster die ein oder andere millionenschwere Fortsetzung erhalten. Ähnlich verhält es sich mit Neymar Jr. Seit der Brasilianer 2013 zum FC Barcelona wechselte, sorgt er Jahr um Jahr für neue Schlagzeilen: Egal ob das Feilschen um seine Vertragsverlängerung, der Rekordwechsel 2017 oder die vermeintliche Rückkehr 2019. Neymars Entourage steht dabei im Mittelpunkt und zahlreiche Protagonisten aus dem Umfeld des Superstars wie Neymar Senior sind selbst längst Hauptdarsteller und Regisseure, die den Ausgang meist nach ihrem Gusto planen. Nicht so im Sommer 2019: Neymar muss – zumindest vorerst – bei Paris bleiben und produziert dadurch jede Menge Verlierer und kaum Gewinner beim FC Barcelona.
Ousmane Dembélé: Der große Verlierer – oder doch ein heimlicher Gewinner?
Es wird zwar ein Geheimnis bleiben, ob der Ousmane Dembélé tatsächlich als Tauschobjekt eingeplant war, dennoch könnte der hochtalentierte Franzose der große Verlierer der Neymar-Posse sein. Auf der einen Seite wird sein kolportiertes „No“ für das Scheitern des Transfers verantwortlich gemacht, auf der anderen Seite ist genau er derjenige, der nicht nur 2017 als Neymar-Ersatz geholt wurde, sondern nun auch in der kommenden Saison diese Rolle ausfüllen wird müssen. Seine Leistungen werden dabei noch mehr im Fokus der kritischen Beobachter stehen. Performt er nicht, dann wird die ganze Saison das Damoklesschwert des gescheiterten Transfers über ihm schweben. Paradoxerweise könnte der Ex-Dortmunder aber auch einer der wenigen Gewinner des Deals sein. Dann nämlich, wenn er endlich sein volles Potential ausschöpft.
„Neymar-No-Deal“ hat Auswirkungen auf das Mittelfeld
Nicht nur der 22-Jährige wurde als mögliches Tauschpfand gehandelt, sondern mit Ausnahme der „Unantastbaren“ eine Vielzahl an Spielern. Zwar fällt eine abschließende Beurteilung des Wahrheitsgehaltes einzelner Wasserstandsmeldungen schwer, dennoch bleibt ein Bild hängen: Die sportliche Führung des FC Barcelona war bereit, Spieler für Neymar einzutauschen. Am Ende bleibt aber Neymar in Paris und jene Spieler, die den Deal möglich machen hätten sollen, in Barcelona – und sollen nun den sportlichen Erfolg in der kommenden Saison sicherstellen.
Ein Vertrauensbeweis sieht anders aus. Besonders auswirken könnte sich der „No-Deal“ auf die Situation von Ivan Rakitic und die restlichen Mittelfeldasse. Während der Kroate in den letzten Jahren ein Leistungsträger und unverzichtbarer Teil im Valverde-System war, war er in den ersten Spielen der aktuellen Saison kein Thema. Das mag an sportlichen Gesichtspunkten liegen, vielmehr drängt sich aber der Verdacht auf, dass man beim Vize-Weltmeister während der laufenden Transfergespräche nichts riskieren wollte. Nun stellt sich die Frage: Baut der Trainer wieder auf den Finaltorschützen von 2015 oder lässt er in weiter außen vor? Egal wie Valverde sich entscheidet, Verlierer sind vorprogrammiert – entweder Rakitic selbst oder einer der vielen Mittelfeldspieler, die für den Kroaten weichen müssten.
Barças Klubführung setzt alles auf eine Karte und verliert
Nicht nur für das Überangebot im Mittelfeld, sondern auch für das Bild, das die sportliche Führung im Transferpoker abgab, wird sich die Klubleitung verantworten müssen. Neymar mag viel unternommen haben, um nach Barcelona zurückzukehren, dennoch hat er einmal mehr die Barça-Klubführung einen ganzen Sommer lang mit seiner Person beschäftigt. Zwei Mal flog eine Delegation nach Paris, am Ende konnte der Transfer dennoch nicht über die Ziellinie gebracht werden.
Und offenbart damit ein weiteres Problem, mit dem der FC Barcelona in dieser Saison konfrontiert werden könnte: Die Breite in der Angriffsreihe. Der Verkauf von Malcom und die Leihe von Coutinho waren offenbar Vorgriffe auf den geplanten Neymar-Deal. Zwar verfügt man mit Griezmann, Suárez, Messi und Dembélé über vier Weltklasseakteure, wenn man jedoch die Verletzungsgeschichte von Dembélé , die immer wiederkehrenden Probleme von Suárez betrachtet, dann hätte ein weiterer Offensivakteur durchaus Sinn gemacht.
La-Masia-Absolventen Fati und Peréz als Gewinner
Wobei hier die zwei wirklichen Gewinner ins Spiel kommen: Carles Pérez und Ansu Fati. Durch den Vorgriff auf den am Ende nicht durchgeführten Neymar-Transfer (sowie der Last-Minute Leihe Rafinhas an Celta Vigo) werden Positionen im Kader des FC Barcelona frei, die die beiden La-Masia-Absolventen ausfüllen können. Dass die Beiden das Potential dazu haben, haben sie in den ersten Spielen eindrucksvoll bewiesen und dann hatte die Posse rund um den Brasilianer womöglich auch eine gute Seite. Nur weil die Katalanen alles auf eine Karte setzten und verloren, blieb keine Zeit mehr für einen Offensivtransfer und so könnte ausgerechnet Neymar der Wegbereiter für einen Rohdiamanten wie Ansu Fati sein. Zumindest bis zum nächsten Sommer oder gar bis zum Winter, wenn es zu einer nächsten Episode des Transfer-Blockbusters kommt…