Beim 1:1 gegen den FC Sevilla fielen vor allem das über weite Strecken einfallslose Spiel des FC Barcelona, die durchwachsene Phase nach der ersten Wechselperiode und die mangelnde Rotation Ronald Koemans auf. Die Brennpunkte.
Ständiges Anlaufen ohne Ertrag
Der FC Barcelona biss sich an diesem Abend des Öfteren die Zähne an Sevillas Abwehrbollwerk aus. Dadurch, dass die Katalanen es häufig nicht schafften, nach Ballgewinnen im Mittelfeld den Hebel auf Offensive zu setzen, bekamen die Gäste ausreichend Zeit, um sich wieder zu positionieren. Dabei bestand die Grundordnung gegen den Ball zumeist aus einem Tannenbaumsystem, also einem 4-3-2-1 mit Luuk de Jong als Spitze und Suso und Lucas Ocampos dahinter, die Sergio Busquets und Frenkie de Jong durch teilweise aggressives Anlaufen im Mittelfeld zu vorläufigen Pässen zwangen und damit wohl eine von Frenkie de Jongs gefährlichsten Waffen – mit dem Ball am Fuß Meter zu machen, um Raumgewinne zu erzielen – aus dem Spiel nahmen.
Die Defensivkräfte der Sevillistas standen dahinter wie eine Wand und verstrickten die Offensivspieler Barcelonas oft in Zweikämpfe, an welchen sich die Männer Koemans aufrieben. Immerhin versuchten die beiden Innenverteidiger der Blaugrana, Gerard Piqué und Ronald Araujo, jenen Defensivriegel ab und an mit langen Bällen auf die Außenspieler zu überwinden, doch auch hier hielt sich der Ertrag in Grenzen.
Zwar wurden somit einige Gegenspieler überspielt, doch sowohl Ansu Fati und Jordi Alba als auch Sergi Roberto und Antoine Griezmann blieben in den darauffolgenden Zweikämpfen dann wieder an den Verteidigern der Andalusier hängen. Lediglich Griezmann konnte in der 49. Minute nach solch einem Spielzug für etwas Gefahr sorgen, legte sich im Strafraum den Ball jedoch zu weit vor, sodass er an Bono letzten Endes hängen blieb. Solch herausgespielte Situationen blieben aber Mangelware. Meistens wurde der Ball im Spielaufbau der Katalanen entweder totgestoppt oder die gegen physisch starke Männer in Weiß benötigte Durchschlagskraft fehlte.
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Barça müde – Koemans mangelnde Rotation
Während der FC Barcelona in der ersten Halbzeit viele Ballverluste durch Gegenpressing oder cleveres Verteidigen noch wettmachen konnte, erwiesen sich im zweiten Spielabschnitt die Ballverluste im Mittelfeld als äußerst gefährlich. Vor allem nach der ersten Wechselperiode, als eine Stunde gespielt war, leisteten sich die zentralen Spieler rund um Busquets Fehler im Spielaufbau in gefährlichen Situationen.
Vor allem der 32-Jährige fiel negativ durch fahrlässige Aktionen im Aufbauspiel, Stockfehler und generell zahlreiche Unkonzentriertheiten auf. Aber auch seine Mitspieler ließen in jener Spielphase die Dynamik vermissen, mit welcher man sich in Spaniens höchster Spielklasse beweisen sollte; so sprach auch DAZN-Kommentator Jan Platte in der 71. Minute vom „Altherrenmodus, in dem sich Barça befindet“.
In der zweiten Halbzeit kam die Blaugrana kaum zu Situationen im letzten Drittel – und wenn, dann nur mit Lionel Messi als Distanzschützen – nachdem sich die anderen Herren in Blau-Rot das Spielgerät lediglich mit wenig Zug zum Tor laufen ließ.
Ein Grund war die Müdigkeit der Mannschaft, wie auch Ronald Koeman nach der Partie eingestand: “Heute hat uns ein wenig die Frische gefehlt”, gab der Niederländer zu. Umso verwunderlicher, dass er dreimal binnen einer Woche die gleiche Mannschaft aufstellte und keine Rotationen vornahm. Gerade nach dem 45-minütigen Kraftakt in Hälfte zwei in Unterzahl auf nassem Geläuf in Vigo (3:0) war abzusehen, dass die Kräfte der Spieler nachlassen würden, trotzdem stellte Koeman wieder zehn der elf Akteure auf, statt manchen (Busquets?) eine dringend nötige Pause zu gönnen. Hier darf Koemans mangelnde Rotation moniert werden – erst recht mit Blick auf Jordi Albas Muskelverletzung.
Sevilla stellt die Herangehensweise um
Der Matchplan des Teams aus Andalusien gegen Barça sah im ersten Spielabschnitt ein ballbesitzorientiertes Spiel vor. Sevilla war darauf bedacht, den FC Barcelona gar nicht erst zum Zug kommen zu lassen; so leistete die Mannschaft sich so wenige Ballverluste wie möglich.
Auch das anfänglich teils hohe Pressing der Blaugrana stellte dabei keine Hürde dar. Die spielstarken Verteidiger um Jesús Navas und Sommerneuzugang Marcos Acuña wussten stets mit Drucksituationen umzugehen und sich aus diesen spielerisch zu lösen, woraus sich Räume für das Offensivspiel öffneten. Mit dem Ball versuchten die Gäste, sich den FC Barcelona zurechtzulegen, so waren fluide Seitenwechsel über ein bis zwei Stationen im Zentrum wiederholt zu beobachten.
Zwischenzeitlich hatte die Truppe von Pablo Sanz (Chefcoach Julen Lopetegui war wegen einer Roten Karte gegen Levante gesperrt) durch diese Herangehensweise einen Ballbesitzanteil von fast 60 Prozent zu vermelden. Im Camp Nou wohlgemerkt.
Nach einer Stunde stellten die Sevillistas jedoch personell um und so veränderte sich auch ihre taktische Ausrichtung. Mit Youssef En-Nesyri und Munir El Haddadi bereicherten zwei Tempospieler die Offensivabteilung der Los Nervionenses, was ein schnelles Umschaltspiel nach vorne mit sich brachte.
Dass zu dieser Phase der Partie Barça mit sich selbst ein wenig beschäftigt war und nachlässig wurde, spielte ihnen dabei in die Karten. So kam es aus Sicht der Gastmannschaft zu einigen aussichtsreichen Situationen zwischen der 60. und 75. Minute und in Spielminute 64 verhinderte der Querbalken eine erneute Führung. Nichtsdestotrotz ist das Unentschieden am Ende ein gerechtes Ergebnis, da beide Teams Probleme mit dem Kreieren von klaren Chancen hatten und zu kaum einem Zeitpunkt der Begegnung den Anschein machten, hier unbedingt drei Punkte mitnehmen zu wollen.