Trotz einer starken Leistung scheidet der FC Barcelona aus der Champions League aus. Koeman überrascht dabei mit einem 3-4-3-System mit Démbéle als Stoßstürmer. Die schwache Chancenverwertung sowie die derzeit fehlende individuelle Klasse in der Defensive sorgen dennoch für das Aus. Unsere Brennpunkte zu PSG vs. Barça.
Barça spielt PSG im 3-4-3 an die Wand
Was war das für eine erste Halbzeit des FC Barcelona? Es war wohl die beste Halbzeit, die die Katalanen seit langer Zeit – jedenfalls auf Champions-League-Niveau – spielten und so dominierte man den französischen Serienmeister nach Belieben. 74 Prozent Ballbesitz und 16:5 Schüsse alleine in der ersten Halbzeit sprechen eine deutliche Sprache. Dazu kommen noch einige Großchancen, bei denen im Strafraum ein Spieler des FC Barcelona den Ball nicht erreicht hat und die so nicht einmal als Torschuss gewertet werden.
Auch die Spielanlage der Blaugrana überzeugte absolut. Mit filigranem Kurzpassspiel, einer hohen Systembeweglichkeit und vor allem viel Mut machte die Mannschaft den Culès absolut berechtigte Hoffnungen auf die Remontada 2.0.
Ähnlich zur letzten Remontada vor vier Jahren spielte Barça in einer Art 3-4-3-System. Vor der Dreierkette agierten Alba und Dest auf den Flügeln einer “flachen Vier”, im Zentrum bildeten Pedri und Sergio Busquets eine extrem asymmetrische Doppelsechs. Getreu der Anlage beider Spieler war Pedri offensiv, Busquets der defensive Part.
Ganz vorne spielten Lionel Messi, Antoine Griezmann und Ousmane Démbéle, wobei vor allem deren Anordnung spannend zu beobachten war. Normalerweise hätte man entweder Messi oder Griezmann im Zentrum erwartet – dieses allerdings besetzte Démbéle, der die Mittelstürmerrolle ähnlich wie Timo Werner bei RB Leipzig interpretierte. Messi und Griezmann agierten als eine Art hängende Spitzen dahinter, ließen sich oft in den Zehnerraum fallen um hier das Spiel zu gestalten – siehe beispielsweise bei Griezmanns Pass auf Dembélé in Minute 35.
Ronald Koeman bewies mit dieser Aufstellung sehr viel Mut und machte alles richtig. Der Plan, mit Démbéle eine schnelle Spitze zu haben, die gerne in die Tiefe geht, ging grundsätzlich voll auf (auch wenn dieser seine zahlreichen Gelegenheiten fahrlässig vergab) und der niederländische Übungsleiter wird diesen Trick sicherlich wieder aus der Kiste holen.
Chancenwucher – es fehlt die abgezockte Nr. 9
Warum also reichte es trotz der tollen Leistung und der vielen Chancen nicht, den 1:4-Rückstand gegen PSG zu drehen? Ganz einfach: Das lag schlicht und ergreifend an der katalanischen Chancenverwertung. Eigentlich eine der Stärken, die dem FC Barcelona dabei half, in den letzten Wochen in LaLiga auf Sparflamme Spiele für sich zu entscheiden.
Gegen PSG fehlte ganz oft die entscheidende Fußspitze, um das Tor zu machen. Und ja, Dembélé zeigte ein gutes Spiel und kann auf der Neunerposition sehr gut werden, er braucht dafür jedoch unbedingt mehr Kaltschnäuzigkeit im Abschluss. Und auch Messi erwischte, was die Chancenverwertung angeht, gegen PSG nicht seinen besten Abend.
Dazu muss man aber auch sagen, dass der kleine Argentinier noch die die klassische Neun war, die Hereingaben über die Linie grätschte. Genau der Spieler fehlte gestern – ein Haaland, ein Lewandowski oder ein Luis Suárez – all diese Spieler hätten gestern vermutlich beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Remontada vorgefunden, zu der sie mit ihren Toren beigetragen hätten.
Auch ausbaufähig: Die individuelle Qualität in der Defensive
Ein weiteres Problem im gestrigen Spiel zieht sich hingegen schon durch die gesamte Saison: Es fehlt in der Defensive aktuell die individuelle Qualität, um ganz oben mitzumischen. Bestes Beispiel war wieder einmal der Franzose Clement Lenglet, der durch eine Unachtsamkeit einen Elfmeter verschuldete – bereits zum vierten Mal in dieser Saison.
Das soll nicht heißen, dass Lenglet die Klasse nicht hat, um bei Barça zu spielen: Das hat er in den vergangenen Jahren oft bewiesen und Lenglet war oftmals ein absoluter Sicherheitsfaktor. Nur befindet er sich derzeit nicht in seiner besten Form.
Auch der junge Oscar Mingueza zahlte gegen PSG Lehrgeld und wurde nach etwas mehr als einer halben Stunde akut Gelb-Rot-gefährdet ausgewechselt. Auch er hat Potential und kann sich noch entwickeln, allerdings reicht es eben aktuell nicht aus, um unter die besten Mannschaften Europas zu gelangen.
Das Prunkstück der besten Mannschaften ist in den meisten Fällen die Defensive: Das bewies der FC Bayern München in der letzten Saison und in dieser Saison zeigt das auch Manchester City. Nicht umsonst buttert Pep Guardiola jedes Jahr einen Großteil seines Transferbudgets in die Innenverteidigung.
Nichtsdestotrotz macht der Auftritt der Katalanen Mut: Wenn Koeman und die Mannschaft diesen Weg weitergehen, die richtigen Schrauben drehen und weiterhin die jungen Spieler einbinden, werden wir in wenigen Jahren, vielleicht schon im nächsten Jahr, wieder eine Mannschaft mit Barça-DNA sehen, die auch um den Champions League Titel mitspielt.