Der FC Barcelona wusste gegen Real Valladolid zu überzeugen. Von dem besonderen System inklusive Dreierkette profitierte nahezu jeder Spieler. Auch Lionel Messi als Aktivposten und die Klarheit im Offensivspiel machten Freude. Die Brennpunkte zum Auswärtssieg.
Systemwechsel zur Dreierkette funktioniert
Auch gegen Real Valladolid experimentierte Ronald Koeman im Hinblick auf die Startelf. So staunten einige Culés nicht schlecht, als eine Stunde vor Spielbeginn die taktische Aufstellung bekannt gegeben wurde. Auf die Frage, ob Óscar Mingueza oder Clément Lenglet von Beginn an starten sollten, wusste Koeman diplomatisch zu antworten: Beide.
Der FC Barcelona trat gegen die Pucelanos mit einer Dreierkette in einem 3-4-2-1 an. Mingueza gab dabei den rechten Innenverteidiger, während Clément Lenglet links von Ronald Araújo, der den zentralen Part übernahm, begann. Ein Schachzug Koemans, der sich auszahlen sollte; schließlich wirkten die drei im Abwehrverbund deutlich sicherer als sonst – mit und gegen den Ball. Valladolids Konter verblassten nahezu komplett, auch weil sie es häufig versuchten, von außen nach innen zu ziehen.
Doch darauf war Barça eingestellt. Um gegen solche Angriffe gewappnet zu sein, agierte Araújo etwas zurückgezogener, war somit stets der letzte Mann als Konterabsicherung. Der Uruguayer glänzte auch auf dieser Position, so blieb er stets souverän und strahlte eine unglaubliche Ruhe und Sicherheit aus, was dem Rest der Mannschaft zugute kommen sollte.
Durch die kargen Offensivvorstöße der Blanquivioletas konnten sich die beiden Männer an Araújos Seite offensiver ausrichten, was vor allem Mingueza vermehrt ausnutzte. Der 21-Jährige kurbelte vor allem im zweiten Durchgang Offensivaktionen an oder erschuf Überzahlsituationen, sobald das Spielgeschehen auf die rechte Seite verlagert wurde. Lenglet blieb eher an die Defensivarbeit gebunden.
Die Dreierkette erlaubte zudem Sergiño Dest und Jordi Alba, sich häufiger in Offensivaktionen Barças zu integrieren. Alba konnte ein ums andere Mal Läufe hinter die Abwehrreihe Valladolids starten, zog dabei nicht selten direkt in den Strafraum hinein. Doch ertragreicher und auffälliger war an diesem Abend Sergiño Dest (Barçawelt-Punkte: 9) Der US-Amerikaner trug mit flachen Hereingaben zum gefährlichen Offensivspiel Barças bei, eine dieser Flanken fand nach 35 Minuten Martin Braithwaite, der Däne musste nur noch zum 2:0 einschieben. Auch in der Defensivarbeit überzeugte Dest, er und Mingueza wirkten im Stellungsspiel gegen den Ball wie eingespielt. So schien Dest genau zu wissen, wann er die Wege nach hinten gehen sollte, um Mingueza zu helfen, und wann er höher stehen musste.
Das Zentrum im Mittelfeld wurde von Miralem Pjanic und Frenkie de Jong besetzt, auch die beiden wussten bei ihren neuen Aufgaben zu überzeugen. Während Pjanic als rechter Part oft hoch stand, um bei den Angriffen Barças zu helfen, nahm de Jong auf der zentral-linken Position eine defensivere Rolle an. Der Niederländer wusste als Antreiber und Bindeglied zwischen den verschiedenen Ketten zu überzeugen. Dabei halfen ihm auch seine – von ihm gewohnten – Laufduelle, mit denen er Räume für Alba und Co. schuf.
Vor den beiden fungierten Lionel Messi und Pedri als Doppelzehn. Dieses System tat beiden gut, denn so konnten sie frei aufspielen sowie von ihren technischen Fähigkeiten Nutzen ziehen. Das Zusammenspiel der beiden funktionierte großartig, die Spielfreude war besonders Messi anzumerken, der eines seiner besten Spiel der Saison ablieferte.
Barças harmonisches Gefüge
Dass die Offensivabteilung in diesem 3-4-2-1 dermaßen auftrumpfte, liegt vor allem am Zusammenspiel der beiden Zehner hinter Martin Braithwaite. Pedri und Messi harmonierten brillant, kombinierten zwischen Valladolids Defensivreihen immer wieder sehenswert.
Die beiden wirkten aufeinander eingespielt, verstanden sich und ihre Laufwege nahezu blind. Als bestes Beispiel dient die Entstehung zu Barças 3:0. Messi leitete den Vorstoß in die Wege, indem er Frenkie de Jong im letzten Drittel anspielte und Tempo aufnahm. Dieser spielte einen Kurzpass auf Pedri, der den Ball per Hacke schnell zu Messi weiterleitete, wohl wissend, dass La Pulga diesen Lauf hinlegte. Dem Argentinier genügte ein Kontakt, um zwei Gegenspieler auf dem Weg in den Strafraum stehen zu lassen, bevor er den dritten Treffer des Spiels erzielte. Ein Tor, das an glorreiche Zeiten erinnerte, und was für eins, um Pelés Rekord bezüglich der meisten Tore für einen Verein zu brechen. Messis 644. Treffer für den FC Barcelona – er war ein sehr sehenswerter.
Messi spielte seine Rolle als Aktivposten nicht nur in dieser Szene aus. Der sechsmalige Weltfußballer sah sich als Antreiber jeglicher Offensivaktionen der Katalanen. Mit all seinen Freiheiten, die das System ihm ermöglichte, blühte er in dieser Funktion voll auf. Der 33-Jährige eroberte in bissigen Zweikämpfen den Ball, initiierte Chance um Chance – so auch vor dem 2:0, als er mehrere Spieler der Pucelanos durch eine enge Ballführung aussteigen ließ, um dann Dest in Szene zu setzen, der lehrbuchmäßig Braithwaite bedienen konnte.
Das 1:0 Lenglets legte er selbst vor. Ohne Gegnerdruck und mit viel Übersicht schlug Messi eine mustergültige, gefühlvolle Flanke auf den Franzosen, der sich als dankbarer Abnehmer entpuppte, um der zuletzt zunehmenden Kritik in seine Richtung zu antworten. Den Pass auf Messi zuvor spielte – wie sollte es anders sein – Pedri.
Doch nicht nur mit Pedri wusste Lionel Messi zu harmonieren, auch Pjanic spielte mit La Pulga Doppelpass um Doppelpass auf engstem Raum, um Räume für Mitspieler zu erschaffen. So auch vor dem 2:0. Das Spiel gegen Real Valladolid kristallisierte sich als eines der überzeugendsten Partien Pjanics heraus, wenn nicht sogar als die überzeugendste. Im Zusammenspiel mit La Pulga und mit einer offensiveren Aufgabe konnte der Bosnier so endlich seine technischen Fertigkeiten unter Beweis stellen und einen Mehrwert für die Mannschaft darstellen.
Schlussendlich diente Messis Rolle als stets anspielbarer Zehner für Freiheiten im ganzen System, die Mitspieler konnten sich auf ihn verlassen, sobald er am Ball war, um sich so auf ihre Aufgaben innerhalb des Systems zu konzentrieren.
Entschlossenheit, Konzentration und Leichtigkeit
Am Dienstag zierten die Worte “Keine weiteren Geschenke” die Titelseite der Mundo Deportivo. Eine klare Aufforderung zur Abstellung jeglicher individueller Fehler. Und genau das schienen die Katalanen auch beherzigt zu haben. Ein konzentriertes Auftreten in allen Mannschaftsteilen war zu erkennen, jeder Einzelne ging das Spiel seriös an.
Stellvertretend dafür ist die herausragende Passquote Sergiño Dests, dem von 38 gespielten Pässen lediglich einer misslang. Valladolid konnte Barça zwar nur selten in Bedrängnis bringen, dennoch ist hervorzuheben, dass in der Dreierkette – einem komplett neuen System für alle Beteiligten – keine groben Schnitzer vorkamen.
Dass dies nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte, bewies in der 87. Minute der eingewechselte Samuel Umtiti. In einer ungefährlich erscheinenden Situation vertändelte er den Ball im eigenen Sechszehner, bevor er seinen Fehler durch einen intensiv geführten Zweikampf wieder wettmachen konnte. Neben der nicht selbstverständlichen Souveränität der anderen Innenverteidiger und der fehlenden Spielpraxis Umtitis stellte sich diese Aktion – zumindest der klärende Zweikampf – repräsentativ für die Intensität der geführten Zweikämpfe heraus.
Barças Auftritt im Estadio José Zorrilla wurde durch entschlossene Zweikämpfe und Klarheit in (nahezu) allen Situationen gekennzeichnet. Messi führte verbissen Zweikämpfe, packte im ersten Durchgang sogar die Grätsche aus, de Jong rieb sich in ertragreichen Laufduellen auf und Pedris Willenskraft und die damit verbundene fußballerische Intelligenz ließ so manchen Culé nicht schlecht staunen. In der 70. Minute setzte der erst 18-Jährige von einer zentralen Position am Strafraum zum Sprint an, um Nacho Martinez an der eigenen Eckfahne unter Druck zu setzen. Dabei schaffte es Pedri sogar mit seinem Einsatz, den versuchten Befreiungsschlag des Außenverteidigers zu blocken.
Bemerkenswert am Spielstil der Blaugrana: Die vielen Pässe in des Gegners Hälfte, ohne dabei statisch zu werden. Mit Messi und Pjanic als Anspielstation legten sich die Katalanen Valladolid zurecht. Die laufstarken Außenverteidiger Alba und Dest sorgten mitunter für Bewegung, was ein fluides Spiel Barças ermöglichte. Dabei fielen die Spieler Barcelonas nie in Hektik, sondern wussten mit klaren Pässen und dem Vertrauen in die eigenen technischen Stärken das Spiel zu dominieren. Es hatte den Anschein, als ob jede einzelne Aktion zielgerichtet war, was in der jüngsten Vergangenheit nicht immer der Fall war.
Die Leichtigkeit verlor die Truppe Ronald Koemans dabei jedoch nicht, ganz im Gegenteil. Vor allem die Offensivkräfte wirkten gegen Valladolid befreiter und verspielter – im positiven Sinne – als in den letzten Begegnungen. Es wurden One-Touch-Passstaffetten aufgezogen, wie sonst unter Guardiola (oder im Hinspiel der Champions-League-Gruppenphase gegen Juventus Turin) und Alba, Braithwaite sowie Pedri konnten ihre Aktionen mit Hackentricks, die dem Zweck auch wirklich dienten, verzieren.
Rückblickend eine Leistung im letzten Spiel vor Weihnachten, auf die jeder einzelne Spieler sowie Ronald Koeman aufbauen kann.