Bei der Clásico-Heimpleite des FC Barcelona standen die beiden auffällig agierenden Außenverteidiger der Katalanen ebenso im Fokus wie die taktische Grundordnung Ronald Koemans, Ansu Fatis neue Position und Real Madrids Spiel zwischen den Ketten. Die Brennpunkte zum Spiel.
Dest und Alba als als Aktivposten
Der Spieler der Blaugrana, der den Clásico am meisten als Chance sah, Werbung für sich zu machen, war zweifelsohne Sergiño Dest (Barçawelt-Note 7). Der Neuzugang von Ajax Amsterdam durfte bei Barça zum ersten Mal auf der rechten Seite ran; schließlich kam Jordi Alba nach einer Verletzungspause zurück und trat – wenig überraschend – als Linksverteidiger auf.
Dest bekam es mit Vinícius Júnior als Gegenspieler zu tun, ein Spieler, bei dem in den letzten Wochen die Formkurve nach oben zeigte. Doch Dest konnte über weite Strecken des Spiels dagegenhalten und erstickte mehrere Angriffe des Brasilianers im Keim. War der Ajax-Neuzugang zu Beginn des Spiels vermehrt aufs Verteidigen konzentriert, wurde er mit fortschreitendem Spielverlauf immer mehr in die Offensivvorstöße der Katalanen eingebunden und zeigte vor allem, wie technisch versiert er ist.
Dennoch gingen gegen Real Madrid der Großteil der Angriffe (48 Prozent) über die linke Seite, wo Jordi Alba in gewohnter Manier wirbelte. Zusammen mit Philippe Coutinho machte der genesene Alba Nacho Fernández als Schwachstelle bei den Madrilenen aus. Daraus folgte, dass einer der beiden den Madrilenen in Zweikämpfe verwickelte, sodass der andere in den Raum, welcher sich dadurch auf Außen ergab, vorstoßen konnte.
Auch vor dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Ansu Fati war ein ähnliches Muster zu erkennen: Coutinho bindet Nacho, zieht dann leicht ins Mittelfeld, sodass Alba nach Messis Traumpass in den Raum hinter die Kette durchstarten und Ansu Fatis Treffer vorlegen kann. Nachdem Nacho Gelb sah und wiederholt einen überforderten Eindruck gegen Coutinho und Alba machte, sah sich Zinédine Zidane gezwungen, den Rechtsverteidiger vom Feld zu nehmen. Ein gut durchdachter Wechsel wie sich hinterher herausstellte. Alba und Coutinho kamen nicht mehr zur Entfaltung, weswegen das Flügelspiel dann auf Dest umgeleitet wurde.
Ansu Fati als falsche Neun – Messi auf der Zehn
Ronald Koeman rotierte erneut in der Offensive und sorgte so für die ein oder andere Überraschung. Dass Pedri auf rechts den Vorrang vor dem zuletzt kriselnden Antoine Griezmann und sogar vor Ousmane Dembélé erhielt, hätten vorab sicherlich nur wenige Culés gedacht. Selbiges gilt für einen Einsatz Ansu Fatis in der Spitze.
Mit dem Ball liefen die Katalanen im gewohnten 4-2-3-1 auf, mit Lionel Messi als Zehner und allen ihm verfügbaren Freiheiten, während Fati als falsche Neun und freies Radikal um Messi herum situativ in die Spitze stieß – was beim 1:1-Ausgleichstor direkt sehr gut klappte. Gegen den Ball presste der FC Barcelona hauptsächlich im 4-2-2-2, Messi und Fati fungierten dabei als erste Pressinglinie, während Coutinho und Pedri die Halbräume besetzten. Bis zum 1:2 schien dieses System sich auszuzahlen, doch mit dem Leistungsabfall von Lionel Messi – dem Fixpunkt und Spielinitiator der ersten Halbzeit – konnten auch die restlichen Offensivkräfte Barças keine Akzente mehr setzen.
Lediglich Ansu Fati wusste noch im zweiten Durchgang phasenweise aufzublühen. Nach dem Führungstreffer der Blancos zum 2:1 fiel auf, dass die Katalanen begannen, mannorientiert anzulaufen und zu pressen. Doch Madrid wusste sich aus diesen Situationen zu lösen, was größtenteils daran lag, dass Barça nicht im Kollektiv verschob und somit stets ein Mittelfeldspieler der Gäste als Anspielstation freistand.
Koemans Wechsel in der Schlussphase änderten dies nicht; so schienen diese eher für Unordnung gesorgt zu haben. Philippe Coutinho konnte sich auf der Acht überhaupt nicht mehr entfalten, was zur Folge hatte, dass weder Francisco Trincão und Ousmane Dembélé auf den Flügeln noch Leo Messi, Antoine Griezmann und Martin Braithwaite in zentraleren Positionen in Szene gesetzt werden konnten. Dass Griezmann in neun Spielminuten auf lediglich einen Ballkontakt kam, spricht Bände.
Real Madrids Spiel zwischen den Ketten
Der größte Trumpf der Madrilenen war das Spiel zwischen Barças Ketten. Die Truppe Zinédine Zidanes spielte ein ums andere Mal Diagonalbälle, um durch solche Seitenverlagerungen die Mittelfeld- und Abwehrreihe der Blaugrana auseinanderzuziehen.
Besonders auffällig war zudem, dass Karim Benzema jene Stärken zur Geltung kommen lassen konnte, die ihn auszeichneten, als Cristiano Ronaldo noch in Spaniens Hauptstadt aktiv war. Die Rede ist von seinem Stellungsspiel im Mittelfeld. Immer wieder ließ sich der Franzose tief ins Mittelfeld fallen, um so einen Innenverteidiger aus der Viererkette zu locken. Als Paradebeispiel dient die Entstehung zum 1:0, als ausgerechnet der erfahrene Gerard Piqué (Barçawelt-Note 3) seinen Posten verließ und somit den Raum für Federico Valverde öffnete (Clement Lenglet wurde auf den Flügel gezogen, Sergio Busquets verfolgte Valverdes Lauf nicht).
Allen voran Busquets konnten die Blancos des Öfteren aus der Reserve locken, so lief Barças Nummer 5 nicht immer die wichtigen Wege in der Rückwärtsbewegung. Zidane war zwar bewusst, dass Benzema dafür nicht als präsenter Strafraumstürmer und Flankenabnehmer im Zentrum agieren konnte, nichtsdestotrotz diente der Stürmer als Dreh- und Angelpunkt der Offensivabteilung Madrids und hatte auch ohne eigenes Tor großen Anteil am Sieg der Madrilenen.