Barcelonas Europa-League-Gegner SSC Neapel in der Analyse

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Mit dem SSC Neapel trifft der FC Barcelona in der Europa League auf eine Mannschaft, die aktuell dank der funktionierenden Automatismen und eines starken Kollektivs um den Titel in der Serie A kämpft. Für Barça geht es darum, die Schwachstellen der Partenopei auszunutzen. Der SSC Neapel in der Analyse.

FC Barcelona vs. Neapel: Der SSC Napoli in der Analyse

Der FC Barcelona wird am Donnerstagabend gegen den SSC Neapel in der Offensive Effektivität an den Tag legen müssen. Schließlich empfängt die Blaugrana das Team mit den wenigsten Gegentoren in der aktuellen Serie-A-Saison. In den bisher 25 absolvierten Partien duften sich die Gegner des Teams von Luciano Spalletti lediglich 17-mal über einen Treffer freuen.

Das Erfolgsrezept dahinter beginnt bereits beim Anlaufen der gegnerischen Defensivspieler. Die Akteure Napolis, die mittlerweile in der Regel im 4-2-3-1 auflaufen, zeichnen sich beim Spiel gegen den Ball durch eine kompakte Grundordnung aus. Sobald ein Innenverteidiger des Gegners zur Spieleröffnung ansetzt, stößt Piotr Zielinski explosivartig von der Zehnerposition aus neben Victor Osimhen in den Angriff, um den ballführenden Spieler zu attackieren, während sein nigerianischer Mitspieler sich darauf konzentrieren kann, den Passweg zum nächsten Innenverteidiger zuzulaufen. Die beiden Flügelspieler positionieren sich versetzt dahinter in halbzentraler Position, um die Anspielstationen im Mittelfeld in den Deckungsschatten zu stellen sowie darauf zu lauern, drucklos gespielte Pässe auf die Außenverteidiger abzufangen.

Für den FC Barcelona gilt es, über 90 Minuten lang klare Zuspiele an den Mitspieler zu bringen; vor allem Zielinski läuft bis in die Schlussminuten hinein immer wieder energisch an. Die Zehnerposition des Polen nimmt dann mit Fabián Ruiz ein Sechser ein. Beim Empfangen von zweiten Bällen erweist sich dies häufig als gewinnbringend für den aktuell Drittplatzierten der Serie A. Wenn die Katalanen wach sind, können sie diese Räume im Mittelfeld belaufen und mit einem Pass in die dadurch entstandene Lücke zwischen aufrückendem Mittelfeld und Verteidigung ins letzte Drittel ziehen. Falls es Barça schafft, die erste Pressinglinie zu überspielen, sind es vermutlich die Flügelspieler Napolis, die ins Gegenpressing übergehen, um dem Spiel der Blaugrana die Vertikalität zu nehmen und von der zentralen Positionierung Gebrauch zu machen, damit Ruiz den offenen Raum wieder zulaufen kann.

Barças Chance, das Stellungsspiel der Außenverteidiger zu bestrafen

Was Barça entgegenkommen kann: Bei Ruiz‘ erwartetem Partner auf der Sechs, André Zambo Anguissa, dürften aufgrund seiner Teilnahme am Afrika-Cup mit Kamerun einige Automatismen im Stellungsspiel noch nicht wieder komplett funktionieren. Sein Stellvertreter bis dahin, Stanislav Lobotka, wird wohl nicht im Aufgebot der Neapolitaner stehen. Wie der Verein am Dienstagvormittag mitteilte, laboriert er an einer Verletzung im Oberschenkel. Direkte Duelle mit Anguissa sollten die Spieler der Blaugrana dennoch vermeiden – seine Physis weiß der Kameruner als letzter Akteur vor der Abwehrkette in der Regel ideal einzusetzen.

Wo sich das Team vom Vesuv verwundbar zeigt, sind die Außenbahnen. Durch das kollektive offensivorientierte Anlaufen der Partenopei rücken die beiden Außenverteidiger Mario Rui und Giovanni Di Lorenzo äußerst weit vor. Während hinter Linksverteidiger Mario Rui so immense Lücken entstehen, die in jüngster Vergangenheit sogar die Truppe mit den wenigsten erzielten Toren in der Serie A, Salernitana, ausnutzte, findet Rechtsverteidiger Di Lorenzo in der Regel zwar schneller den Rückwärtsgang als sein portugiesischer Mitspieler, doch der italienische Europameister offenbart Schwächen im Stellungsspiel, wenn der Gegenspieler in seinem Rücken zum Sprint ansetzt, um einen langen Ball zu empfangen. In diesen Szenarien fehlt Di Lorenzo zu oft der Zugriff und die Orientierung. Sobald Kalidou Koulibaly solche Situationen auf beiden Seiten erkennt, schaltet er sich ein, um nah an der Außenlinie den Zweikampf zu suchen. Schafft es der FC Barcelona, für die eigenen ballführenden Flügelspieler hier auf engem Raum Unterstützung aus dem Mittelfeld zu gewährleisten, steht bei einer gut ausgespielten Aktion einem Abschluss kaum mehr etwas im Weg. Aller Voraussicht nach wird Alex Meret dann versuchen, diesen zu entschärfen. Zwar verlor er die Stammplatzdebatte an David Ospina; in der Gruppenphase dieser Europa-League-Saison durfte er dennoch zwischen den Pfosten stehen.

Napolis spielstarke Innenverteidiger – Fabián Ruiz als Bindeglied

Im eigenen Spielaufbau wird Meret wohl kaum involviert sein. Der 24-jährige Schlussmann gilt nicht zu den Stärksten mit Ball am Fuß; seine Vordermänner zeigen sich hingegen äußerst spielstark.

Falls Spalletti auf seine etatmäßigen Innenverteidiger Kalidou Koulibaly und Amir Rrahmani setzt, gilt es für Barça, sich bei Ballbesitz der Neapolitaner nicht aus der Reserve locken zu lassen. Die Spieleröffnung der beiden zeichnet sich schließlich durch einige Querpässe aus, während auf dem Platz Meter gemacht werden. Bis zum Erreichen der Mittelfeldzone schieben Di Lorenzo und Rui auf derselben Linie mit, um bei hoch pressenden Gegnern eine Anspielstation darzustellen; dann nimmt vor allem Rui auf der Seite von Insigne, den es häufig in die Mitte zieht, die Außenbahn im Angriffsdrittel für sich in Anspruch. Di Lorenzo hingegen lauert in den meisten Fällen darauf, hinterlaufen zu können.

Als erste vertikale Anspielstation im Spielaufbau suchen die Azzurri häufig Fabián Ruiz. Der technisch versierte Mittelfeldakteur versteht sich als Bindeglied zwischen den Ketten und nimmt auf engem Raum jene Rolle ein, die Frenkie de Jong an guten Tagen für den FC Barcelona unverzichtbar macht: Die erste kurze Anspielstation für Mitspieler, die unter Druck geraten. Wenn Barça früh Druck auf die Hintermannschaft Napolis ausübt, steht Ruiz dementsprechend tief, was eine große Lücke im Mittelfeld verursacht.

Zielinski als Spielmacher bei Offensivaktionen

Genau diese gilt es für die Mittelfeldakteure der Blaugrana zu besetzen. Denn dass der Weitschussspezialist Zielinski oder Osimhen sich in diesen Raum fallen lassen, um das Spielgerät entgegenzunehmen, stellt keine Seltenheit dar. Letzterer greift zu diesem Mittel, wenn der gegnerische Trainer einen seiner Verteidiger mit der Manndeckung Osimhens beauftragt, um so als durchsetzungsstarker Stürmer mit Rücken zum Gegenspieler neue Räume in der Tiefe entstehen zu lassen, die seine Mitspieler belaufen. Wenn Zielinski derjenige ist, der den Ball in diesen Räumen empfängt, sucht der 27-Jährige sofort die Vertikalität. Der Strippenzieher im Mittelfeld, dem in dieser Liga-Saison bereits fünf Assists sowie fünf eigene Treffer gelangen, hat in der laufenden Spielzeit bereits 40 Schlüsselpässe zu verzeichnen. Nur vier Serie-A-Profis gelangen bisher mehr.

Trotz der Stärke im Umschaltspiel verfällt der SSC Neapel im Vorwärtsgang kaum in Hektik. Wenn die Mannschaft Luciano Spallettis kollektiv nach vorne rückt, versucht sie oft Zwei-gegen-Eins-Situationen auf engstem Raum herzustellen, um den verteidigenden Gegner aus dessen Position zu ziehen. Anschließend erfolgt ein Zuspiel in den dadurch entstandenen Raum, in den einer der beiden Offensivkräfte hineinstößt. Falls sich der Platz dafür nicht ergibt, folgt nicht selten ein von Ruiz oder Zielinski halbhoch gespielter Ball auf die Flügel, wo die Hintermannschaft Barcelonas Rui und Di Lorenzo nicht gewähren lassen sollte. Eine Hereingabe in den Sechszehner rundet eine gelungene Offensivaktion des Teams vom Vesuv häufig ab.

Um die Überzahl im Zentrum entstehen zu lassen, weichen in der Regel die beiden zu erwartenden Außenbahnspieler Eljif Elmas und Lorenzo Insigne früh ins Zentrum. Sollte der variabel einsetzbare Dries Mertens von Beginn an auf dem Platz stehen, trifft auf ihn dasselbe zu.

SSC Neapel mit starkem Kollektiv

Wen der Abwehrverbund rund um Gerard Piqué in der eigenen Hälfte nicht außer Acht lassen sollte, ist Victor Osimhen. Der vielseitige Angreifer der Partenopei, dem in 15 Ligapartien sechs Treffer gelangen, ist in der Lage, aus jeder Abschlussposition heraus sofort zu handeln, er überrascht mit seiner Schusstechnik des Öfteren Torhüter auch aus spitzem Winkel.

Alleine der Blick auf die vereinsinterne Torschützenliste zeigt auf, dass Napoli zwar nicht den einen Toptorjäger in seinen Reihen hat, aber dafür umso gefährlicher im Kollektiv ist – denn viele verschiedene Akteure erzielen die Treffer: Mertens (7 Tore), Osimhen (6 Tore), Insigne (6 Tore) Ruiz (5 Tore), Zielinski (5 Tore) wissen alle jeweils, wo das Tor steht.

Barça muss also auf Neapels Kollektiv aufpassen. Wie unbequem die Partenopei zu bespielen sind, hat die Blaugrana vor zwei Jahren sowieso schon feststellen dürfen. Damals traf man im Achtelfinale der Champions League aufeinander. Das Hinspiel endete in Neapel 1:1, das Rückspiel gewann Barça im Camp Nou 3:1 – aber hauptsächlich, weil Lionel Messi wieder eines seiner Wundertore erzielt hatte, ansonsten war das Duell sehr ausgeglichen. Barça sollte also gewarnt sein.

Benjamin König
Benjamin König
Fútbol, Calcio, Fotball - in Spanien, Italien, Skandinavien. Redakteur bei Barçawelt, Podcaster bei Polarlichtspiel - dem skandinavischen Fußballpodcast
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